Martyrium, Vaterland und der Kult der toten Krieger

Männlichkeit und Soteriologie im Krieg

Märtyrer – Zeuge – Heros

Spätestens mit dem 11. September ist der freiwillige und auch für andere tödliche Selbstmord des Kamikaze im Kontext eines postimperialen Konflikts und durch ein wachsendes martyrologisches Bewusstsein in der arabischen Welt zu einem zentralen Symbol zunehmender Heroisierung der ‘neuen Kriege’ geworden. Die Verknüpfung des nationalistischen Figurenmodells der japanischen Selbstmordpiloten1 aus dem Zweiten Weltkrieg mit den monotheistischen Märtyrertraditionen ist dabei nicht zuletzt “das Resultat einer globalen kulturellen Wandlung, die sich aus der Vermischung unterschiedlicher historischer und kultureller Erfahrungen und aus der Dekontextualisierung von jahrhundertealten Praktiken, (…) Gewohnheiten”2 und Mythen ergibt.

Religionshistorisch gesehen scheinen sich die drei abrahamitischen Religionen – Judentum, Christentum und Islam – nun gerade in ihrer je unterschiedlichen Entwicklung der “Märtyrerfigur” besonders zu ähneln. Gleichwohl war es das Christentum, das den Begriff martys (griech. Zeuge) von dem juridischen Begriff des Zeugen (der Anklage), dem noch die königskritischen Propheten des Alten Testamentes nahe kommen,3 etwa ab dem dritten Jahrhundert n. Chr. in den des “Blutzeugen der Göttlichkeit Christi und seiner Religion”4 umwandelte. Diese christliche Konstruktion des Martyriums mit ihrer starken Verankerung in der imitatio Christi war damit anfänglich ein Phänomen aus der Zeit der Christenverfolgungen.5 Der Märtyrer bzw. die Märtyrerin, die das Martyrium als Hinnahme der Bestrafung für das Bekenntnis des christlichen Glaubens durchlitten, werden als vollendete Nachahmer Christi gezeichnet, denen ein direkter Zugang zum Paradies sicher ist. Als ohnmächtig Mächtiger, der Todesangst und Tyrannenmacht überwindet und durch sein Blut von allen Sünden befreit ist, stellen die Märtyrer eine soteriologische Figur par excellence dar.

Pro Patria Mori

Nach Ernst Kantorowicz verdichtet sich das “stellvertretende Sterben”6, welches seinen Ausgang von der antiken Heroenverehrung und dem Kult der im Krieg für die Polis oder res publica gefallenen Kämpfer nahm, und spätestens im Rahmen der Kreuzzüge auf die Soldaten Christi übertragen wurde, mit der Wendung pro patria mori. In der Antike, so Kantorowicz, “Patria, most certainly, did not mean the same thing at all times, but usually meant the city. (in christianity, U.B.) the ties fettering man to his patria on earth, (…) had lost their value. (…) it should be far easier for Christians (…) to give their lives for the love for the patria aeterna.”7 Obwohl es das Konzept eines heroischen Selbstopfers des Ritters im Mittelalter durchaus gab, führt der Autor weiter aus, war dieses nicht so sehr pro patria, sondern eher als ein persönliches pro domo konzipiert und drückte die Treue zum Lehnsherrn aus. Die entscheidende Wende einer Sakralisierung des realen “Vaterlandes” lokalisiert Kantorowicz ins dreizehnte Jahrhundert, als die mit der ‘himmlischen patria’ verbunden Werte und Sehnsüchte wieder auf die Erde hinabsanken und sich nun mit einem die Grenzen der Stadt sprengenden weltlichen ‘heiligen’ Vaterland verbanden. Insbesondere in der Zeit der Kreuzzüge wurde eine Rhetorik erfunden, in der der Kampf um das Heilige Land für Kirche, Glauben und “Nationalmonarchien” (Kantorowicz) gleichermaßen als ein heiliger Krieg für das corpus mysticum und die terra sancta in Übersee und zu Hause ausgefochten wurde. Der Kämpfer der patria sancta konnte so der Märtyrerkrone und des direkten Eintritts ins Paradies sicher sein, hatte doch Papst Urban der Zweite eine remissio omnium peccatorum für alle Kreuzritter angekündigt. Wenn also aus den bereits vorher milites Christi genannten Mönchen “wiederum Kreuzritter geworden sind, trifft auch sie die Pflicht, auf dem Posten auszuhalten. Noch die Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs (…) scheinen sich in dieser Weise verpflichtet zu fühlen. (…) Man sieht anhand dieser Reihung, wie der Appell an den ‘Krieger auf verlorenem Posten’ nur eine weitere Variation des von den Kreuzzügen tradierten Motivs des ‘Sterben für…’ ist.”8 Den komplexen Prozess der sakralisierenden Umdeutungen des idealen Gemeinschaftskörpers und der pro-patria-mori-Tradition zwischen Kirche und Staat/Königtum hat Ernst Kantorowicz bekanntlich entlang des Begriffsmodells corpus mysticum und der Lehre von den ‘zwei Körpern des Königs’ versucht. Dort resümiert er die Verschiebungen der pro-patria-mori-Vorstellung vom mystisch-theologischen in den politisch-militärischen Bereich in kritischen Worten: “(…) die quasi-religiösen Aspekte des Todes für das Vaterland entstammen dem christlichen Glauben, den Kräften, die jetzt im Dienst des säkularisierten corpus mysticum aktiviert werden.”9 Dabei speist sich nach Pierre Legendre die “phantasmatische Struktur der Patria (…), also die Fiktion einer mère-patrie10 auch aus den messianischen Vaterlandsentwürfen der jüdischen Diaspora”, die dann “in einem Prozess der Politisierung durch die christliche Scholastik (…) auf die Erde”11 geholt und ‘entzaubert’ wurden. Hat die Übertragung vom corpus mysticum der Kirche auf das corpus morale et politicum des Staates erst einmal stattgefunden, dann erfährt der Tod fürs Vaterland eine religiöse Überformung und wird zum “Opfer” (sacrificium) für das Vaterland.

Allerdings enthält der Totenkult der Moderne, wenn wir Reinhart Koselleck folgen, noch viele Dimensionen des älteren republikanischen pro patria mori. Die entscheidende Wende verortet er zweifach: gegenüber dem dynastischen Kult einerseits und im Gefüge der Repräsentation andererseits:

Der dynastische Totenkult bedurfte keines gewaltsamen Todes, um die Dauer des Fürstenstaates zu legitimieren (…) Nicht mehr der Tod (der Herrscher, U.B.) schlechthin verweist auf das neue Leben, wie in der Erbfolge, es ist der gewaltsame Tod, der jetzt als Unterpfand dient, um die politische Handlungseinheit – sei es die Republik, die Nation, die Heimat oder das Volk – zu rechtfertigen. Seit den Freiwilligenverbänden und der allgemeinen Wehrpflicht, beginnend mit der levée en masse, wird der Name eines jeden Gefallenen erinnerungswürdig (…) Alle haben mit ihrem Leben für die Nation oder das Volk einzustehen.12

Oder, wie Foucault es formuliert: Die Bio-Macht des neuen Gesellschaftskörpers wird Kriege nicht mehr im Namen eines einzelnen Souveräns führen, sondern “im Namen der Existenz aller”13. Der moderne bürgerlich-patriotische Totenkult war an die Nation gebunden. Diese wiederum an ein Repräsentationsmodell, in dessen Zentrum nicht mehr das dynastische Herrscherpaar und das heilige Blut des Königs14 als Garant der Gemeinschaft standen, sondern der antikisierend veredelte Held und sein patriotisch vergossenes Blut im Krieg. George Mosse hat als einer der ersten Historiker auf den komplexen Zusammenhang hingewiesen, in dem die Entwicklungsphase des bürgerlichen Männlichkeitsstereotyps in der Zeit der Aufklärung und der bürgerlichen Nationen- und Staatenbildung mit einer explizit politischen Ästhetik stand. Die moderne “Ästhetik der Maskulinität”, in der das männliche Körperideal zugleich das politische Ideal der Nation repräsentierte, verdanke sich, so Mosse, in seiner wirksamsten Gestaltung dem Schönheitsdiskurs des Klassizismus. Europaweit sollte der edle und seine Triebe in der Gewalt haltende Held die bürgerlichen Tugenden und die Gesundheit des Staates gleichsam auf seiner Haut spiegeln. Der reine weiße Männerkörper trägt sie in seinen edlen Proportionen zur Schau: Disziplin, Selbstbeherrschung, Loyalität, Mut, Gehorsam und nicht zuletzt Todesbereitschaft. Gerade in den Befreiungskriegen in Deutschland spielte das “Ideal der Männlichkeit als Symbol einer individuellen und nationalen Erneuerung”15 eine entscheidende Rolle.

Der folgenreiche Unterschied der deutschen Vaterlandsliebe zur französischen oder englischen lag nun vor allem in der Tatsache, dass hier der “Nationalismus ein Ersatz für die nicht gehabte Nation”16 war. Nicht zuletzt aufgrund ihrer kompensatorischen Funktion erfuhren sowohl die imaginierte Nation im Sinne Andersons17 und die visionäre Nation wie das für sie einstehende symbolische Männlichkeitsstereotyp (Mosse) eine phantasmatische Überhöhung. Sie äußerte sich bereits um 1808 in Fichtes Reden an die deutsche Nation18 durch die mythische Gleichsetzung von himmlischer und irdischer deutscher Nation als gleich ewig und ursprünglich und durch Heinrich von Kleist in seinem Katechismus der Deutschen mit der tautologischen Antwort der Jugend: “Ich liebe mein Vaterland, weil ich mein Vaterland liebe”19. Die romantischen Sänger der sogenannten Befreiungskriege von 1813 werden das imaginäre Vaterland dann mit überschießender Blutrauschmetaphorik lyrisch beschwören.20 Die pro patria mori-Tradition und der Helden- und Märtyrertod in der Nachfolge Christi werden hier zugleich als Liebes- und Blutopfertod auf dem Schlachtfeld für ein “himmlisches Vaterland” als “inneres Vaterland” stilisiert. Seine äußere Realisierung kann vor allem, so singen die Lyriker der Erhebung gegen Napoleon, durch freudig vergossenes, “rotes Blut, warmes Blut, schönes Opferblut”21 gelingen. Das imaginäre Vaterland erfährt eine Sakralisierung, die Helden werden zu “Märtyrern der heiligen deutschen Sache”22. Christliche und völkische Motive fließen spätestens dann zusammen, wenn es bei Körner heißt, dass die Deutschen “mit unverfälschtem Blut”23 zusammenstehen und “den Bund mit dem Blute besiegeln”24 wollen. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entfernt sich die Thematik des Blutes mehr und mehr von der Christologie und steigert sich über eine Naturalisierung der Moral bis zur “Sorge um die Reinheit des Blutes”25. Die politisch-soteriologische Überfrachtung des weißen Männlichkeitsstereotyps führt zum vermehrten Ausstoß von Antitypen (Mosse), die als paranoide Spaltprodukte des Kranken, Hässlichen, Unreinen und Amoralischen fungieren. In der Biopolitik des rassistischen Gemeinschaftsmodell, wie sie Foucault rekonstruiert hat, ist dann das totale Selbstopfer im Krieg Teil des vitalen Kreislaufs26 des Volkes, die Auslöschung des ‘Unreinen’ Teil seiner vermeintlichen Selbstheilung. Das völkische Kriegskonzept des Staatsrassismus im zwanzigsten Jahrhundert basiert folglich nicht mehr auf dem Sterben für etwas – man stirbt “nicht für die Rasse, sondern als Rasse.” 27

Infantizid als Initiation: Die Jugend von Langemarck Das folgende Kapitel führt Forschungsarbeiten von U. Brunotte weiter, die in dem Buch Zwischen Eros und Krieg. Männerbund und Ritual in der Moderne 2004 bei Wagenbach, Berlin, erschienen sind.

Bevor sich freilich diese vital-letale Biopolitik des Rassekrieges in Deutschland zu universalisieren vermochte, feierte nach dem Ersten Weltkrieg das Modell des enthusiastischen Selbstopfers im Krieg nochmals einen folgenreichen Triumph. In der Rezeption der Geschehnisse von ‘Langemarck’ konzentriert sich nach 1918 ein mythisches Gegenargument konservativ-nationalistischer Kreise zu realistischer Kritik am Massensterben des Krieges und insbesondere der Flandern-Offensiven des ersten Kriegsjahres. Dabei findet eine Sinngebung statt, die sich von der Logik des Kriegsopferkults des 19. Jahrhunderts, in dessen Kontinuität der “Mythos von Langemarck” anfangs steht, unterscheidet. War noch in den Befreiungskriegen ein politisches Ziel sinngebend für den Tod des Soldaten, gibt nun, nach 1918, der Tod selbst dem (verlorenen) Krieg einen Sinn in Form des ‘inneren Sieges’. Nun tritt neben die idealistische Gestalt des juvenilen Freiwilligen, der sich mit Begeisterung in den Kampf stürzt, um den Opfertod zu sterben, ein jugendlicher Männerbund: die Jugend von Langemarck. Der Mythos und der ihn tragende und einübende Kult, der um diese ‘Jugend’ von 1914 bis 1945 kreiste, wirft ein Licht auf die Mentalitätsgeschichte weiter Teile der deutschen Gesellschaft. Für Bernd Hüppauf “finden sich auf den verschlungenen Pfaden des Diskurses ‘Langemarck’ sogar einige Antworten auf die immer noch beunruhigende Frage, wie es der (…) Ideologie des Nationalsozialismus gelingen konnte, die politische Unterstützung und eine zeitlang gar die Herzen großer Teile der gebildeten Bevölkerung und der Jugendbewegung zu gewinnen.”28 Langemarck, das war von Anfang an nicht der kleine Ort in Belgien neben Ypern, wo im Winter 1914 bei einem schlecht geplanten Angriff auch einige Reserveregimenter fielen, sondern das war ein zentraler Ort in der kollektiven Phantasie vieler Deutscher. Dass durch die Einfügung eines “c” vor dem “k” verdeutschte Langemarck war gleichsam das Symbol für einen Bedeutungsüberschuss, der sich spontan in verschiedenen bürgerlichen Milieus bildete. In dieser kollektiven Phantasiebildung, die das Geschehen um Langemarck immer mehr ausmalte, wurden die Ereignisse in mythische Gesichte verwandelt. Alles begann mit der ebenso knappen wie vielzitierten Meldung der Obersten Heeresleitung vom 11. November 1914: “Westlich von Langemarck brachen junge Regimenter unter dem Gesange ‘Deutschland, Deutschland über alles’ gegen die erste Linie der feindlichen Stellungen vor und nahmen sie.”29 Wo im deutschen Heeresbericht ausschließlich von begeistertem Sturm und Sieg gehandelt wird, erzählen die englischen und belgischen Heeresberichte auch von dem Entsetzlichen dieser Schlacht und von den hilflosen jungen Freiwilligen.

Die sukzessive Konstruktion des ‘Mythos von Langemarck’ und die Entfaltung seiner performativen Dynamik in Ritualen, Gesängen, Reden, Gedenkfeiern und Aufmärschen beginnt schon mit der medialen Verbreitung der obigen Heeresmeldung: Sie füllte sofort, das heißt am 11. oder doch spätestens am 12. November, die Titelblätter der meisten deutschen Tageszeitungen.30 Freilich enthielt bereits die Heeresmeldung selbst fast alle Versatzstücke, die den späteren Mythos auszeichneten: die Jugend und damit Unschuld der deutschen Angreifer, ihr Enthusiasmus während des ‘Sturms’ und nicht zuletzt das Deutschlandlied, das sie dabei sangen. Ebenso wichtig für die Entstehung des Mythos war freilich auch das, was die Heeresmeldung nicht enthielt, was man aber gleichwohl wusste: das militärische Fiasko der gesamten Offensive. Rund zwanzigtausend Soldaten ließen im Schlamm der gefluteten flandrischen Ebene ihr Leben. Das elende Massensterben im Maschinengewehrfeuer wurde ebenso wenig erwähnt wie die schlechte Ausbildung der Reserveregimenter und ihre unzureichende Bewaffnung. Gerade diese Verleugnungen aber schienen den Raum bereitzustellen, in dem die Verwandlung eines im Grunde “unbedeutenden militärischen Ereignisses in einen nationalen Mythos mit der Macht, Massen zu mobilisieren, ungehindert ablaufen konnte.”31 Die Leerstelle im Heeresbericht, den die Generäle durch die Suggestion eines Sieges auszufüllen versuchten, schloss sich spätestens zum ersten Jahrestag der Schlacht.32 Unisono wurde nun in der Presse vom Tod der jungen Regimenter gesprochen. Dieser verwandelte sich in den Medien allerdings in einen Triumph: “Der Tag von Langemarck wird in allen Zeiten ein Ehrentag der deutschen Jugend bleiben”, prophezeit die Deutsche Tageszeitung, und fährt pathetisch fort: “Wohl fielen an ihm ganze Garben von der Blüte unserer Jugend, aber den Schmerz um die tapferen Toten überstrahlt doch der Stolz darauf, wie sie zu kämpfen und zu sterben verstanden.”33 Hier werden Figuren des Primitialopfers – also das Opfer der Ersten und Besten – mit solchen des Christusopfers – also das Opfer des Unschuldigsten – verknüpft. In dem Moment, in dem die Tatsache ihres massenweisen Sterbens ins Bewusstsein zu rücken möglich wurde – besonders nach der Niederlage von 1918 – begann sich der Tod der Jugend von Langemarck in einen ‘inneren’ Sieg zu verwandeln. Deutschland hatte äußerlich den Krieg verloren. In dem – ich zitiere aus Zeitschriften und Pamphleten – “beispiellosen Opfergang”34 der “deutschen akademischen Jugend”35, die ihr “blühendes Leben”36 im “begeisterten Stürmen”37 hingab, hatte jedoch ein neues, kommendes Deutschland gesiegt. Aber noch mehr: Der Bund der Jugend von Langemarck hatte sich nicht allein für dieses kommende Deutschland, dessen Vision sie durch das Lied im Herzen trugen, geopfert, sondern sie war es, sie bezeugte seine Existenz bereits. Im Mythos von Langemarck verschränkten sich Figuren des Erlösungsopfers mit solchen der Initiation, und die “‘Eigentlichkeit’ der ehemaligen Wandervögel wurde zur Bereitschaft umgedeutet, den Heldentod – (…) zu sterben.”38 Denn, so ein oft wiederkehrendes Narrativ: “Langemarck war unserer ganzen Zeit als Feuerprobe gegeben, um uns alle zu Männern reifen zu lassen”39.

Opferordnung

Dabei trafen sich viele unterschiedliche modernekritische Diskurse der wilhelminischen Gesellschaft und später der antirepublikanischen Opposition im Begriffsbild des Opfers. Sabine Behrenbeck spricht gar von einer Versteifung auf eine zirkelschlussartige Opferkausalität ohne ein für und ohne Ziel.40 Die Opferordnung freilich, die man auf diese Weise wach zuhalten bestrebt war, sollte in der völkischen Vorstellung auf das zivile Leben übergreifen. So konnte Baldur von Schirach 1938 problemlos diese Deutungstradition aufgreifen und sie zum Anspruch für die neue ‘Jugend’ umwenden:

Ein ewiger Bestandteil des Geschwätzes der Besserwisser ist die Legende von der Sinnlosigkeit des Opfers von Langemarck. Der Sinn jener sakralen Handlung, die das Sterben der Blüte der Jugend im Sturm auf die Langemarckhöhen bedeutet, ist nicht dem fassbar, der mit dem Rechenstift den Wert einer militärischen Operation nach Erfolg und Einsatz verbucht und darauf dem Feldherrn, nach Art des Schulmeisters, Zensuren ausstellt. Schaut auf die Millionen der Jugend: Dies ist die Sinngebung von Langemarck! Dass wir uns selbst vergessen, dass wir uns opfern, dass wir treu sind, das ist die Botschaft der Gefallenen an die Lebenden, das ist der Ruf des Jenseits an die Zeit.41

Als Erbe von Langemarck wollte man keine einsamen, traurigen Gedanken, sondern ein frohes kollektives Erlebnis – das “Erlebnis der großen deutschen Kameradschaft”42. Diese schnell als “Männerbund”43 ideologisierte Kameradschaft, wie sie an der Front eingeübt werde, sei, so führt der nationalsozialistische ‘Germanist’ Gunther Lutz 1936 aus, nichts anderes als die “Sinnerfüllung der Opfergemeinschaft”44. Selbst dort, wo man eine Spur von der Sinnlosigkeit dieses Sterbens zuließ, wurde das Scheitern für den neuen Führer-Kult funktionalisiert: Denn “da war ein einziger verzweifelter Schrei”, so Wilhelm Matthießen 1934, “der durch die Front von Langemarck ging: Volk, wo ist Dein Führer?”45

Moderner Totenkult

Bereits in den frühen Langemarck-Feiern, die sich in den zwanziger Jahren in Kreisen der Jugendbewegung und der Studentenschaft bildeten, ging es weniger um Klage und Trauer um die sinnlos Gestorbenen, sondern um Freude, Stolz und Nachfolge. Von Anfang an erinnerte man sich an das Ereignis von Langemarck nicht wie an etwas Vergangenes, vielmehr wurde die ‘heroische Tat der Jugend’ in einer Flut von Gedichten, Sprechchören, Gesängen und Rezitationen immer wieder von Neuem beschworen.46 Dabei kam der performativen – also direkt im Sprechakt und Ritual bedeutungsschaffenden und – verwandelnden – Dimension des Geschehens eine besondere Rolle zu. Die Toten sollten nicht als Schatten oder Erinnerungszeichen, sondern als auferstandene Kämpfer präsent sein. Das vollzog sich freilich auf unterschiedliche Weise. Für die bündische Jugend entwickelte sich “Langemarck”, so die Formulierung von Rudolf G. Binding, schnell zum “Sinn- und Urbild jugendlicher Erhebung”47. In diesem Sinne hielt der konservativ-bündische Autor 1924 bei der Enthüllung des Ehrendenkmals für die Gefallenen von Langemarck auf dem Heidelstein in der Rhön eine ungewöhnliche Rede. Nach einigen einleitenden Worten ruft Binding zuerst die Ereignisse von Langemarck wieder in Erinnerung, um das historisch Gewesene danach auch theoretisch in eine ‘ideale’ Sphäre und in den Rang eines Mythos zu heben. Viele in diesem Krieg seien gefallen, an die man sich erinnern werde. “Jenes Geschehen aber”, so Binding, “gehört schon nicht mehr der Geschichte an, wo es einst dennoch erstarren und begraben sein würde, sondern der unaufhörlich zeugenden, unaufhörlich verjüngenden, unaufhörlich lebendigen Gewalt des Mythos.”48 Wie um ein Beispiel von dieser mythischen Präsenz zu geben, inszeniert er im darauffolgenden Teil seiner Rede poetisch das, was während des Festaktes geschieht. Der Kern der Dramatisierung liegt darin, dass die Feier der lebenden bündischen Jugend zu Ehren der toten (bündischen) Jugend im Grunde wie eine große gemeinsame Fahrt, wie ein gemeinsames Singen beim nächtlichen Lagerfeuer und schließlich – nach der eigentlichen Enthüllung des Ehrenmahls – wie ein gemeinsames Kampfspiel geschildert wird. Obwohl Binding die Rede von der veritablen ‘Auferstehung der Toten’ von sich weisen würde, suggeriert er nicht allein die Präsenz des Geistes der toten Jugend und das Ergriffensein der lebendigen, sondern die Möglichkeit ihrer körperlichen Realpräsenz, wenn er formuliert: “Dies aber würden die Toten, auferstanden aus ihren Gräbern und sich mischend dem jungen Leben, das sich hier enthüllte, gesehen haben.”49 Mündet Bindings Beschwörung von Gemeinschaft im Vitalismus, so steigert der nationalistisch gesonnene Hans Schwarz diese bündisch-konservativen Vorgaben offen politisch. In einer Langemarck-Rede mit dem programmatischen Titel “Die Wiedergeburt des heroischen Menschen”50, die er am 11. November 1928 an der Universität Greifswald51 hielt, nimmt er die Konstruktion von Langemarck als eines geschichtsentrückten, mythischen Geschehens auf, wendet sie jedoch ins Politische und Kultische. Gegen die Weimarer Feier der Republik am 9. November und die Feier des Waffenstillstands der westlichen Demokratien am 11. November setzt Schwarz den “Totenkult”52 der Jugend von Langemarck, der ebenfalls am 9. November, dem Langemarck-Tag stattfand: “Denn”, so seine Beschwörungsformel, “die Toten sind wirklicher als die Lebenden”. Im Gegensatz zu der Feier des Gründungstages der Republik, und der Feier des Waffenstillstands, bei der “die Toten draußen im Vorhof stehen”, feiern “wir”, so die Anrede an die in großer Zahl der NSDAP nahestehende Studentenschaft, “einen anderen Tag, an dem wir noch mit unseren Toten versammelt sind”. Das Hauptproblem der Weimarer Republik und der westlichen Zivilisation überhaupt sei die Unfähigkeit, den Toten im Kult einen Platz in der Gesellschaft zu geben. Aber “wo die Toten kein Recht mehr haben, verlieren es auch die Lebenden, und ihre beste Gegenwart sinkt zuletzt zu den Fischen hinab. Wo aber die Toten mitten unter uns vom Leben umfangen werden, da beginnt jene Glut zu glühen, die Mythen schafft!” Da die ‘verjüngende Kraft des Mythos’, der die ‘Katastrophen der Geschichte’ vergessen mache, aus dem begeisterten Selbstopfer der Jugend von Langemarck entstanden sei, so müsse die Gesellschaft nun diesen heroischen Toten einen politischen Kult schaffen, denn “die Zeit ist heroisch geworden.” In ständiger Gegenüberstellung zum alliierten Gedenken in Form der Ehrenmäler des ‘Unbekannten Soldaten’ zeichnet Schwarz Grundzüge eines vor griechisch-antiken und christlichen Hintergründen neu zu entwickelnden Toten- und Heroenkultes. Wo Schwarz im genuin demokratischen und internationalen Gedenken an alle Gefallenen des Krieges nur “die magische Kälte einer Begrifflichkeit” und den leeren, gleichmacherischen “namenlosen Menschen” erkennen kann, da sucht er im Kult von Langemarck die sinnliche Verkörperung eines elitäre Männerbundes. Dieser rückt dann freilich die Jugend von Langemarck in eine steinerne Unsterblichkeit: “Der Unbekannte Soldat gleicht homerischen Schatten, die Blut aus dem Opfer der Toten trinken (…). “Die Toten von Langemarck aber sind wie ein neuer Adel, der uns wieder verheißen ist! Ihre Züge lassen sich meißeln.” Das eigentliche Ziel dieses Gedenkens ist jedoch die Wiedergeburt und die Anregung zur Nachfolge, denn: “Auch Jugend hat ihre Reife, und wenn sie vor ihrer Erfüllung sterben muss, so bleibt ihr nur die Wiedergeburt im Geiste der Kommenden!” In dem Moment, so beschwört Schwarz, wo die Ideen von 1789 verblassen, beginnt Deutschland von Langemarck aus wieder “mythisch”, ja “apokalyptisch” zu werden. Vor dem geschichtsmächtigen Volks-Kult, der von 1914 ausgehe, versinken freilich auch die revolutionären Massenerhebungen von 1919: “und es herrschte mehr Revolution in dieser Besessenheit als der härteste 9. November es jemals vermöchte: denn ein erregtes Volk verändert das Leben tiefer als eine gärende Masse sich wünschen kann.” Am Ende verkehrt sich der vom Autor beschworene Totenkult, der als sinnlich erlebbares ‘Zeichen von Langemarck’ begann, in eine aggressive, dynamische Macht. Diese gleichsam eschatologische Revanchemacht, die sich von der Verehrung der Toten nährt, werde, so Schwarz, nun mit offen feindlichem Blick auf die Weimarer Republik “unser Leben in einer Wandlung zum Angriff, zu einer Bedrohung!” machen.

Der Erinnerungskult um Langemarck wurde endgültig politisiert, als man kurz vor dem Ende der Weimarer Republik den Soldatenfriedhof in Flandern auf Anregung der deutschen Studentenschaft in eine veritable Totenburg umgestaltete. Eine Totengedenkstätte, “deren trutziger und düsterer Charakter den Schein einer ‘noch stehenden Front’ erwecken sollte.”53 In ihrer Mimesis ans Statuarische, ans Tote, verdichtet sich zugleich die Gestalt dieser Langemarck-Denkmäler. Ab 1933 versuchte man mit großer erzieherischer Anstrengung und aufwendig gestalteten Langemarck-Feiern, in der flandrischen Gedenkstätte ebenso wie in Berlin, aber auch in Schulen, Universitäten, bei der Hitlerjugend und im Jungvolk, den Opfergeist für die neue Jugend zu verewigen. “Der nationale Opferkult wird im NS gesteigert, verinnerlicht und totalisiert”54. Hierin liegt zugleich die entscheidende Differenz zum patriotischen Opfer für das imaginäre Vaterland der Befreiungskriege.

Nach 1933 galt es, den neuentdeckten Täter-Geist von Langemarck nationalsozialistisch zu fokussieren. Nicht allein im berühmten “Host-Wessel-Lied” marschieren bekanntlich die toten Kameraden mit. Überall wollte und – gleichsam das Trauma des verlorenen Krieges fixierend55musste man in Kult, Monument und Rede den ‘Geist der Front’ und die ‘Totenheere’ lebendig erhalten.56 Auf diese Weise wurde versucht, in unaufhörlichem und alle Bereiche der Gesellschaft durchdringendem Kultgeschehen den Gegensatz von Leben und Tod überhaupt performativ-rituell aufzulösen. Die von Autoren wie Ernst Jünger als Sondersphäre eines liminalen Bereichs zwischen Leben und Tod sakralisierte “Todeszone”57 zwischen den Fronten/Gräben, sollte als Macht im zivilen Leben festgehalten werden.58 Der Totenkult dient hier einer totalen Mobilmachung, “der sich selbst die Kriegstoten auf Ewig verschreiben müssen”59. In diesem Sinne konnte Baldur von Schirach verkünden: “Die deutschen Toten sind auferstanden. Mit ihnen gemeinsam marschieren wir unter flatternden Fahnen in die Ewigkeit.”60 ‘Auferstehung’ und ‘Unsterblichkeit’, nicht Leiden und Wiedergeburt waren die Stichworte: “Es lebe der Tod” lautet die faschistische Parole. Wie Mark Neocleous schreibt: “…there is much more at stake when fascism talks about the dead. In this sense, the idea of resurrection is a far more telling category than rebirth. For Resurrection, as Mussolini comments, has to begin with the dead.”61

Im religiösen Opferkult gab es immer die Differenz zwischen Opfer und Opferer. Ein Teil stirbt, damit die Mehrheit lebe. Nun verkehrt sich in den modernen Totengedenkkulten des Nationalsozialismus diese Struktur, und “das Leben wird als Ganzes unter die Herrschaft des Todes gestellt. Eine wahrhafte Existenz führe allein, wer jederzeit bereit ist, das Leben zu opfern um des Todes willen; denn allein der gewaltsame kriegerische Tod schafft den Übergang zum mythischen Kollektiv der ewigen Kämpfer.”62 An die Stelle des pars pro toto, also des Stellvertreterprinzips des Opfers, das noch im pro patria mori steckt, treten nun die lebenden Krieger und die nach dem Muster der ‘Front-Opfergemeinschaft’ geformte Lager-Gesellschaft insgesamt in die ‘heilige’ Sphäre des Todes ein. Dort haben sie allerdings keine Ruhe, sondern sind Teil der totalen Mobilmachung für den nächsten Krieg.

Wie am Beispiel des “Langemarck-Kultes, der schnell mit dem “Märtyrerkult der Feldherrenhalle” verschmilzt, zu zeigen war, sind es nicht Tod und Zerstörung an sich, die faszinieren, sondern es sind immer erneut und ubiquitär die wiederkehrenden Toten des Krieges und der ‘NS-Bewegung’.63 Spätestens an diesem Punkt treten neben die Narration des soteriologischen Opfertodes mit großer Macht die Figuren der Unsterblichkeit und die der Auferstehung der Toten.

Es sei daran erinnert: Vorstellungen von Unsterblichkeit und vom Weiterleben nach dem Tod – sei es als Seele, sei es im Elysium oder im Paradies – gehörten von Anfang an zu den unterschiedlichen religiösen und philosophischen Martyriumsszenarien. Darüber hinaus bedient sich auch der Nationalsozialismus, wie jeder moderne Toten- und Märtyrerkult, aus dem Reservoir dieser kulturgeschichtlichen Traditionen. Die jüdisch-christliche Figur der Auferstehung wird allerdings zu Gunsten eines veritablen, nun germanisch untermauerten, Wiedergängerkultes mit dem dazugehörigen Zwang zur Unterwerfung schnell verlassen. Spätestens an dieser Stelle treten zudem, zugespitzt freilich in der Beschwörung der steinernen untoten Krieger und der stählernen Kämpfer des Verdunkriegers, Ahnen- und Männlichkeitskult zusammen. Ihr tertium comparationis liegt im paradoxen Bild einer mobil gemachten Totenstarre. Als statuarisches Bollwerk steht der Männerbund der toten Krieger gleichermaßen gegen die Formlosigkeit des massenhaften Sterbens und Verwesens auf dem Schlachtfeld und gegen die ebenfalls feminin codierte Formlosigkeit der ‘gemischten Gesellschaft’ der Republik. Es sind diese in Stein gemeißelten Untoten, die als alt-neugermanische “Geisterheere des Todes” oder “wütende Heere”64 der Rache mythisch und kultisch beschworen werden. Die Toten des Krieges sind nicht tot, das soll sicher sein. “So stand 1932 über den Namen der toten Heroen in dem “Märtyrerheiligtum” genannten Schrein bei einer Ausstellung zur Faschistischen Revolution in Italien, das Wort: HIER! wie es dem Invokationsritual der Kampfverbände entsprach, und ein metallenes Kreuz enthielt die doppeldeutige Inschrift: “per la patria immortale!”65

Im Territorium der rassistischen Volksgemeinschaft hat sich die Biomacht gänzlich zur Todesmacht gewandelt – ebenso “umfassend und grenzenlos wie diese, verlangt sie alles hinzugeben für den neuen Gemeinschafts-Körper”.66 Im posttraumatischem Totenkult des Nationalsozialismus gibt es kein pro patria mori mehr, sondern nur ein ewiges Kontinuum zwischen Leben und Tod. Dieses steht allerdings unter der Herrschaft der “Todeszone”, die nie verlassen werden darf.

Vorabdruck aus Transit – Europäische Revue, Nr. 33 (2007), Schwerpunkt: “Tod in der modernen Gesellschaft”.

Vgl. die ausführlichste historische Rekonstruktion der Kamikazetradition und ihrer Adaptionen im arabischen Raum: Joseph Croitoru, Der Märtyrer als Waffe. Die historischen Wurzeln des Selbstmordattentates, München/Wien 2003.

Fouad Allam, Der Islam in einer globalen Welt, Berlin 2004, S. 142.

Eva Maria Schwenker rekonstruiert anhand von Quellenmaterial aus dem Alten und Neuen Testament die Entstehung des frühchristlichen Märtyrerkonzeptes und legt besonderen Wert auf die Rolle des Propheten als "Zeugen Gottes" aber auch königskritischem "Zeugen der Anklage". Vgl. Eva Maria Schwenker, "'Prophet, Zeuge und Märtyrer'. Zur Entstehung des Märtyrerbegriffs im frühen Christentum", in: Zs. F. Theologie und Kirche 96 (1999), S. 320-350.

Lexikon für Theologie und Kirche, 7. Bd., Freiburg 1962, S. 129. Vgl. auch: Theologische Realenzyklopädie, Band XXII, Berlin/New York, Artikel "Martyrium" von Eduard Christen, S. 197-220.

Vgl. die besonders detailgenauen Einzelstudien in: Walter Ameling (Hg.), Märtyrer und Märtyrerakten, Stuttgart 2002.

Cornelia Vismann, "Formeln des Rechts -- Befehle des Krieges. Notiz zu Kantorowicz' Aufsatz 'Pro Patria Mori'", in: Dies. / Wolfgang Ernst, Geschichtskörper, München 1998, S. 130.

Ernst H. Kantorowicz, "Pro patria mori in medieval political thought", in: American Historical Review 56 (1951), S. 472-492, S. 474 und 475.

Cornelia Vismann, a.a.O., S. 137.

Ernst H. Kantorowicz, Die zwei Körper des Königs. Eine Studie zur politischen Theologie des Mittelalters, München 1990; S. 487f.

Pierre Legendre, L'Empire de la vérité. Introduction aux espaces dogmatiques industriels, Paris 1985, S. 65.

Cornelia Vismann, a.a.O., S. 132.

Reinhart Kosellek (Hg.), Der politische Totenkult: Kriegerdenkmäler in der Moderne, München 1994, Einleitung, S. 11 und 12.

Michel Foucault, "Leben machen und sterben lassen: Die Geburt des Rassismus", in: diskurs. Frankfurter Studentenmagagzin, Heft 1 (Feb. 1992), S. 51-58, S. 51. Vgl. Cornelia Vismann, a.a.O., S. 140ff.

Vgl. Christina von Braun, Versuch über den Schwindel. Religion, Schrift, Bild Geschlecht, Zürich / München 2004, S. 296.

George L. Mosse, Gefallen für das Vaterland. Nationales Heldentum und namenloses Sterben, Stuttgart 1993, S. 30. George L. Mosse, Gefallen für das Vaterland. Nationales Heldentum und namenloses Sterben, Stuttgart 1993, S. 30.

Klaus Heinrich, "Wir und der Tod. Ursprungskult oder Bündnisdenken -- über die Mitbestimmung der Toten", in: Lettre international 2, 2006, S. 100-103, S. 100.

Benedict Andersons Begriff der "imagined communities" bezieht sich darauf, dass moderne Nationen und der Nationalismus allgemein als "gefühlte" und medial "hergestellte" Gemeinschaften zu verstehen sind. Benedict Anderson, Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreichen Konzepts, Berlin 1998.

Fichte schreibt in der Achten Rede an die deutsche Nation (1807/08), "Im Volke, (in der Nation (...) ist Göttliches erschienen und das Ursprüngliche hat dasselbe gewürdigt (...) Volk und Vaterland sind Träger und Unterpfand der irdischen Ewigkeit. ... und wessen Gemüthe Himmel und Erde, Unsichtbares und Sichtbares sich durchdringen, und so erst einen wahren und gediegenen Himmel erschaffen, der kämpft bis auf den letzten Blutstropfen, um den Theuren Besitz ungeschmälert wiederum zu überliefern an die Folgezeit." Zitiert aus: www.Projekt-Gutenberg.de

Heinrich von Kleist, "Aus dem 'Katechismus der Deutschen', abgefasst nach dem Spanischen, zum Gebrauch für Kinder und Alte", in: Adam von Trott (Hg.), Heinrich von Kleist: Politische und journalistische Schriften, Berlin 1995, S. 30-37, S. 31f.

Albert Portmann-Tinguely, Romantik und Krieg. Eine Untersuchung zum Bild des Krieges bei deutschen Romantikern und 'Freiheitssängern': Adam Müller, Joseph Görres, Friedrich Schlegel, Achim von Arnim, Max von Schenkendorf und Theodor Körner, Freiburg/ Schweiz 1989.

Ebd., Max von Schenkendorf, S. 282.

Theodor Körner, Aufruf, Gedicht, 1813, in: Albert Portmann-Tinguely, a.a.O., S. 313.

Theodor Körner, Trost 1813, in: Albert Portmann-Tinguely, a.a. O., S. 312.

Ebd.

Michel Foucault, Sexualität und Wahrheit. Der Wille zum Wissen, Frankfurt/M. 1977, S. 178.

Tod ist Leben. Bereits Theodor Körner, der in seinem Gedicht Schwertlied von 1813, das in den Sammlungen den Echtheitszusatz trägt "wenige Stunden vor dem Tode des Verfassers gedichtet", sein Schwert zur "Braut" und die Schlacht gar zur blutigen Hochzeit erotisiert, wo aus dem Tod neues Leben ersteht, spricht von einem durch das patriotische Opfer "aufgeblühten Tod"., In: A. Portmann-Tinguely, a.a.O., S. 341.

Caroline Vismann, a.a.O., S. 141.

Bernd Hüppauf, "Schlachtenmythen und die Konstruktion des 'Neuen Menschen'", in: Gerhard Hirschfeld und Gerd Krumeich in Verbindung mit Irina Renz (Hg.), Keiner fühlt sich hier mehr als MenschŠ Erlebnis und Wirkung des Ersten Weltkriegs, Essen 1993, S. 43-84, hier: S. 44.

Reinhard Dithmar (Hg.), Der Langemarck-Mythos in Dichtung und Unterricht, Berlin 1992, S. V. Vgl. auch Karl Unruh, Langemarck. Legende und Wirklichkeit, Koblenz 1986.

Ebd., S. 71.

Bernd Hüppauf, "Schlachtenmythen", a.a.O., S. 48.

Ebd.

Deutsche Tageszeitung vom 11. November 1915. Zitiert nach Bernd Hüppauf, "Schlachtenmythen", a.a.O., S. 46.

Der Begriff des 'Opfers' wird im Gang der Stilisierung von Langemarck -- von 1918 bis 1945 -- immer zentraler. Die Rede vom 'Opfergang' findet sich allerdings vornehmlich in völkischen Schriften und Kultfeiern. Diese Tendenz kulminiert in dem 1938 gemeinsam von der Armee, der Hitlerjugend und der Kriegsgräberfürsorge herausgegebenen Buch, aus dem auch das Zitat stammt, in: Günther Kaufmann (Hg.), Langemarck. Das Opfer der Jugend an allen Fronten, Stuttgart 1938, Gedicht vom "Reichskriegsopferführer Oberlindober", S. 3.

Oswald Bumke, Langemarck. Drei Ansprachen (Universitätsreden), München 1929, S. 3. Die Reden von Bumke repräsentieren die Rezeption des 'Langemarck-Mythos' beim national gesonnenen Bildungsbürgertum, zu dem auch weite Kreise der Jugendbewegung zählten. Darin werden die 'jungen Regimenter' als elitärer Männerbund vorwiegend studentischer oder akademischer Jugend dargestellt.

Ebd.

Ebd., S. 4.

Thomas Macho, "Jugend und Gewalt. Zur Entzauberung einer modernen Wahrnehmung", in: M. Wimmer, C. Wulf und B. Dieckmann (Hg.), Das zivilisierte Tier. Zur Historischen Anthropologie der Gewalt, Frankfurt a.M. 1996, S. 221-244, S. 233.

Tagebuchaufzeichnung eines Kriegsfreiwilligen von 1914, zitiert aus: G.L. Mosse, Gefallen für das Vaterland, a.a.O., S. 82.

Sabine Behrenbeck, Der Kult der toten Helden, a.a.O. Anm. 1.

Baldur von Schirach, "Hitlerjugend -- Träger des Erbes von Langemarck", in: Günther Kaufmann (Hg.), Langemarck, a.a.O., S. 21-24, hier: S. 23.

Ebd., S. 24.

Vgl. Ulrike Brunotte, Zwischen Eros und Krieg, a.a.O.

Gunther Lutz, Die Frontgemeinschaft. Das Gemeinschaftserlebnis in der Kriegsliteratur, Greifswald 1936, S. 52.

Wilhelm Matthießen, in: Wilhelm Dreysse, Langemarck 1914. Der Heldische Opfergang der Deutschen Jugend, Minden / Berlin / Leipzig 1934, S. 10.

Die Literatur zu Langemarck ist zusammengestellt worden von Reinhard Dithmar (Hg.), Der Langemarck-Mythos in Dichtung und Unterricht, a.a.O.

Rudolf G. Binding, "Deutsche Jugend vor den Toten des Krieges. Rede gehalten bei der Enthüllung des Ehrendenkmals für die Gefallenen von Langemarck auf dem Heidelstein in der Rhön" (1924), in: Adam Weyer (Hg.), Reden an die deutsche Jugend im zwanzigsten Jahrhundert, Wuppertal / Bremen 1966, S. 59-65, hier: S. 60.

Ebd., S. 60.

Ebd., S. 64.

Hans Schwarz, Die Wiedergeburt des heroischen Menschen, Rede am 11. November 1928, Berlin 1930.

Bernd Hüppauf, dessen Essay ich den Hinweis auf die Rede von Hans Schwarz verdanke, hat darauf hingewiesen, dass Greifswald "damals die Universität mit der stärksten Vertretung der 'NS-Studentenschaft' war." (Bernd Hüppauf, "Schlachtenmythen", a.a.O., S. 49)

Alle Zitate in diesem Absatz aus: Hans Schwarz, Die Wiedergeburt des heroischen Menschen, a.a.O.

Christoph Pallaske und Detlef Völlmecke, "'Deutschland muß leben, und wenn wir sterben müssen!' Gedenken und Totenkult nach dem Ersten Weltkrieg: Der Mythos von Langemarck", in: Geschichte lernen. Geschichtsunterricht heute, Nr. 49, Januar 1996, S. 20-25, hier: S. 22.

Klaus Heinrich, a.a.O., S. 100.

Vgl. Albrecht Koschorke, "Der Traumatiker als Faschist. Ernst Jüngers Essay 'Über den Schmerz', in: Inka Mülder-Bach (Hg.), Modernität und Trauma. Beiträge zum Zeitenbruch des Ersten Weltkrieges, Wien 2000, S. 211-227.

Vgl. zum Totenkult des Nationalsozialismus: Sabine Behrenbeck, Der Kult um die toten Helden. Nationalsozialistische Mythen, Riten und Symbole 1923 bis 1945, Vierow bei Greifswald 1996.

"Todeszone" nannte nicht allein Ernst Jünger das Niemandsland zwischen den feindlichen Gräben.

Vgl. Saul Friedländer zur Grundtendenz der NS-Gesellschaft. "Ein Hang zum Tod an sich tritt hervor, zum Tod als einer elementaren, dunklen Kraft, die sich der Analyse entzieht: zum Tod als Offenbarung und Kommunion." Saul Friedländer, Kitsch und Tod. Der Widerschein des Nazismus, München/Wien 1984, S. 37.

Daniel Bürkner, "Der Totenkult des und der 'Mythos von Langemarck' als posttraumatische Reaktion", unveröffentlichter Text, Berlin 2006, S. 2.

Baldur von Schirach, a.a.O., S. 24.

Mark Neocleous, "Long live death! Fascism, resurrection, immortality², in: Journal of Political Ideologies (February 2005), 10 (1), S. 31-49, S. 32.

Bernd Hüppauf, "'Der Tod ist verschlungen in den Sieg', a.a.O., S. 89.

Darin folge ich Mark Neocleous.

So besonders von Otto Höflers Konstruktionen einer germanischen Toten- und Tötungsgemeinschaft in den kriegerischen Ahnen, siehe die ausführliche Analyse in: Ulrike Brunotte, Zwischen Eros und Krieg. Männerbund und Ritual in der Moderne, Berlin 2004, besonders 130-136.

In Übersetzung, Mark Neocleous, a.a.O., S. 45.

Cornelia Visman, a.a.O., S. 141.

Published 21 August 2007
Original in German
First published by Transit 33 (2007)

Contributed by Transit © Ulrike Brunotte/Transit Eurozine

PDF/PRINT

Published in

In collaboration with

Share article

Newsletter

Subscribe to know what’s worth thinking about.

Discussion