Stolz auf den Beton

Nachdem im Herbst letzten Jahres in französischen Vorstädten hunderte
von Autos in Flammen aufgegangen waren, gab es allerlei vorschnelle
Erklärungen und Schlussfolgerungen. Die Revolte habe etwas mit den
ethnischen, kulturellen und religiösen Folgen von schlecht integrierten
Immigranten zu tun, meinten die einen. Andere hielten sie für den
Ausdruck zerrütteter Familienstrukturen und forderten moralische,
pädagogische und disziplinarische Maßnahmen für die Jugendlichen und ihre
Eltern. Für wieder andere waren die Gewaltausbrüche die Quittung dafür,
dass die Jugendlichen in den sogenannten zones urbaines sensibles (ZUS,
städtische Problemviertel) vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen und zum Leben
in tristen Betonstädten verurteilt sind.

Ein Vergleich mit ähnlichen Phänomenen in anderen Ländern macht
allerdings einige französische Besonderheiten deutlich. So waren die
Aufstände in den Banlieues weitgehend unberührt von ethnischen,
kulturellen oder religiösen Gegensätzen, was auch erklärt, dass sie
letztlich ziemlich glimpflich verliefen und nur wenige Verletzte
forderten.

Aggressive städtische Aufstände, die religiösem Hass entspringen,
fordern zuweilen tausende von Opfern, wie zum Beispiel 1992 in
Bombay/Mumbai bei den Zusammenstößen von Muslimen und Hindus. Und auch
Aufstände, bei denen in einem Stadtviertel verschiedene Nationalitäten
oder Ethnien aneinandergeraten, können, wie bei den “urban riots” in den
USA der 1960er- und 1990er-Jahre, hunderte von Menschenleben kosten. Auch
können alte Feindschaften immer wieder aufflammen und schweres Leid
verursachen (wie in Palästina oder Nordirland1) oder sogar in einen
Bürgerkrieg (wie im Beirut Ende der 1970er-Jahre) oder in einen Genozid
münden (Ruanda 1994).

All diese Beispiele erinnern uns daran, dass auch solche Situationen
gewaltträchtig sind, in denen die (oft minoritäre) “Problembevölkerung”
nicht ausländischer Herkunft ist, sondern eine seit Jahrhunderten
“heimische” Community darstellt. Das gilt etwa für die Schwarzen in den
USA, die Muslime in Indien oder die Katholiken in Nordirland, die auch –
von ihrer religiösen Orientierung abgesehen – ähnliche
Lebensgewohnheiten wie ihre “Gegner” pflegen.

Die meisten rebellischen Jugendlichen in Frankreich sind Kinder von
Migranten. Doch bislang haben fundamentalistische Imame offensichtlich
noch nicht versucht, jene potenziell egalitär und staatsfeindlich
eingestellten Jugendlichen für sich zu gewinnen, die eher republikanische
(oder gar anarchistische) Forderungen im Sinn haben, als dass sie nach
religiöser Reinheit streben würden.

Die religiösen Autoritäten mögen noch so sehr ihr pazifistische
Einstellung betonen: Wenn eine religiöse Gruppe erst einmal die Tendenz
zu einer identitären Abspaltung entwickelt, ist dies weitaus gefährlicher
– und auch viel nachhaltiger – als jedes Aufflammen jugendlicher
Empörung. Die Regierenden und die Intellektuellen, die den Rückbezug auf
einen klaren ethnisch-religiösen Rahmen propagieren, sind wie die
Zauberlehrlinge, die das Klima religiöser und ethnischer Konfrontation
schüren, das sich in Nordeuropa auszubreiten beginnt, am deutlichsten mit
der “Islamophobie” im flämischen Belgien, in den Niederlanden, in
Dänemark und anderswo.

Für Frankreich wäre dies eine rückwärts gewandte Versuchung. Zumal es
hier nicht mehr zu physischen Zusammenstößen zwischen Bevölkerungsgruppen
kommt und auch reaktionäre, chauvinistische Gruppen kaum noch imstande
sind, “Ausländer” in ihren “Gettos” zu provozieren – im Gegensatz zu
Großbritannien, wo die rechtsradikale National Front 2001 in den
nordenglischen Städten Bradford und Oldham noch Straßenschlachten
provozieren konnte, in denen sich die Wut junger Pakistaner und
Bangladescher austobte. Angesichts dessen stellt sich eine andere Frage:
Wie ist es erklärbar, dass in einer weitgehend säkularen2 und offenen
Gesellschaft wie der französischen, in der keine religiöse oder
politische Gruppierung die Jugendlichen einer bestimmten
Bevölkerungsgruppe aufs Korn nimmt, unter diesen Jugendlichen eine derart
explosive Wut entsteht?

Die Antwort scheint auf der Hand zu liegen: Allein der Staat ist heute
in der Lage, solche Zusammenstöße auszulösen oder einzudämmen. So hat
sich in Frankreich gezeigt, dass die rechten Regierungen die Zeche für
die Verbissenheit zu zahlen hatten, mit der sie alle – echten oder bloß
symbolischen – Brandmauern zerstört haben, die ihre sozialistischen
Vorgänger errichtet hatten, zum Beispiel die staatlich geförderten
Arbeitsplätze für Jugendliche.

In einem solchen Land ist nur die Regierung in der Lage, die staatlichen
Bediensteten feindselig oder aggressiv zu stimmen. Die politische Elite
tut also das, was anderswo das gesunde Volksempfinden fordert, und darf
sich dafür als Garant der öffentlichen Ordnung aufspielen (während sie
tatsächlich doch die Unordnung schürt). Das ist ein gefährliches
politisches Verhalten, bedeutet jedoch zugleich eine Art letztes
Bollwerk, einen letzten Schutzwall (man denke an den Ausdruck “Berliner
Mauer der Banlieues”) vor der notwendigen Einsicht, den anderen am Ende
in seinem Anderssein anzuerkennen.

Was Paris mit London und Los Angeles gemeinsam hat

Nach der grundlegenden und stets wiederkehrenden Ursache der städtischen
Revolten braucht man also nicht lange zu suchen: Sie liegt fast
ausschließlich in der “Missachtung” oder “Nichtanerkennung” des
Einzelnen, insbesondere des Jugendlichen, seitens der Repräsentanten des
französischen Staates, die auf Gleichgültigkeit, Misstrauen,
Überheblichkeit oder polizeiliche bzw. behördliche Schikanen zurückgeht,
aber auch in den begrenzten Möglichkeiten, eine Arbeit oder auch nur
sinnvolle Kontakte zu finden.

Darin zeigt sich eine gewisse Ähnlichkeit mit den Vereinigten Staaten:
Hier brütet ein Klima institutioneller Verachtung zwangsläufig ein
“auslösendes Ereignis” aus: Ein Mitglied der angeblich “schwierigen”
Minderheit wird zu Unrecht verfolgt, verhaftet, verurteilt oder im Rahmen
einer Polizeiaktion verprügelt oder verletzt. Das spricht sich unter
Freunden und Bekannten rasch herum: Die Jüngeren reagieren mit einer –
politisch eher inkorrekten – Kampfbereitschaft, die sich vor allem gegen
Symbole staatlicher Autorität oder ökonomischer Macht richtet. Dabei
entsteht häufig erheblicher Sachschaden, doch gibt es in der Regel kaum
Schwerverletzte oder Tote, es sei denn die Polizei treibt die
Einschüchterungstaktik auf die Spitze oder besteht darauf, “das letzte
Wort” zu haben.

Je stärker also der repressive Staat auf die – mehr oder weniger
bewusste – Logik der Vergeltung setzt, desto mehr Tote wird es geben. Der
französische Staat hat es bisher nicht zu massenhaften tödlichen
Zusammenstößen kommen lassen. Aber in dem Maße, in dem er Erziehern,
Sozialarbeitern, vor allem aber Polizei (oder Militär) gestattet, in
Begriffen der “Kontrolle der Bevölkerung” zu denken, werden sich
Situationen häufen, in denen sich Jugendliche erniedrigt fühlen und aus
denen dann zwangsläufig städtische Revolten entstehen. Eine Politik, die
den schlimmsten Fall antizipieren und bestimmte Stadtteile mit
bewaffneten Kräften besetzen würde, hätte den Bürgerkrieg zum Ergebnis,
den sie gerade zu vermeiden vorgibt.

Anders als manche Soziologen glauben, erschwert das Prinzip einer
administrativen Wohnungszuweisung, dass sich einzelne Stadtviertel zu
ethnischen oder religiösen Gettos entwickeln. Der soziologische Effekt
ist ein ethnischer Schmelztiegel, den man im Großbritannien der armen
Weißen, die gegen die Pakistaner zu Felde ziehen, oder im Australien der
“Anglokelten”, die den jungen Libanesen ihre Strände verbieten wollen,
noch immer vergeblich sucht.3 Dasselbe gilt für die USA, wo nach wie vor
eine starke ethnische Segregation herrscht und Ängste vor anderen
Minderheiten geschürt werden.4

Die als “Los Angeles Riots” bekannt gewordenen Aufstände von 1992 in
South Central, einem armen Vorort von Los Angeles, entstanden zum
Beispiel aus den ständigen Reibereien dreier ethnischer Communities
(Latinos, Asiaten, Afroamerikaner)5, die bis Ende der 1990er-Jahre für
300 Morde jährlich verantwortlich waren. Hinzu kommt, dass der
rassistische Ausschluss der Armen aus den exklusiven Reichengettos (den
“gated communities”6) einen Rassenhass verschärft, der in Frankreich noch
so gut wie unbekannt ist.

Die Pariser Cités legen sich wie ein großer Festungsgürtel um die Stadt.
Das erschwert zwar einerseits die polizeiliche Kontrolle, andererseits
aber auch Provokationen durch Milizen und nationalistische Parteien –
oder so etwas wie die heimtückischen Brandanschläge auf von Türken
bewohnte Häuser in Deutschland.

Anders als in den illegalen Siedlungen vieler Stadtzentren, in denen
viele illegale Migranten in erdrückendem Elend leben, wohnen in den Cités
überwiegend ordnungsgemäß gemeldete Staatsbürger, die den Beweis ihrer
minimalen wirtschaftlichen Tüchtigkeit erbringen mussten. Zwar liegt das
Einkommen hier ein Drittel unter dem Landesdurchschnitts, und die
Jugendarbeitslosigkeit ist zwei- bis dreimal höher als anderswo.7 Zwar
bleibt vielen, die arbeiten wollen, nichts anderes übrig, als ohne
Führerschein und mit einem unversicherten Auto zu weit entfernten
Gelegenheitsjobs zu fahren. Aber dank Beihilfen, Zuschüssen und
verschiedenster Initiativen – und dank der nicht nur dunklen Seiten der
realen Schattenwirtschaft – braucht in den Banlieues immerhin niemand zu
verhungern.

Die mancherorts dramatische Verwahrlosung der Vorstädte ist weder das
unvermeidliche Resultat eines (realen) ökonomischen Problems noch bloße
Folge kulturell geprägter Verhaltensweisen. Sie geht vielmehr im
Wesentlichen auf einen ohnmächtigen Zorn zurück, den im Übrigen auch
viele Jugendliche in Reihenhaussiedlungen empfinden. Was wieder auf das
Problem der Anerkennung verweist. Das aber ist mit Begriffen wie
“abweichendes Verhalten”, “Ungehorsam” und erst recht “kulturelle
Desintegration” nicht zu erfassen, die im Gegenteil dazu beitragen, das
Problem zu ignorieren.

Nun bringen kluge Köpfe neuerdings gern die “Unvereinbarkeit der
Lebensweisen” und das Phänomen der “Dekulturation” ins Spiel, das
angeblich aus der Verpflanzung besonders junger Menschen resultiere. Doch
hier sei daran erinnert, dass die Freiheit, die Jugendlichen und jungen
Erwachsenen in Afrika zugebilligt wird, und die Ermunterung, sich mit
Gleichaltrigen in Mädchen- oder Jungenbanden zusammenzuschließen, kein
Zeichen für einen Zerfall der Familienstruktur ist. Vielmehr ermöglicht
diese Freiheit das frühe Erproben eines Lebens außerhalb des familiären
Kokons8.

Dass es Anpassungsschwierigkeiten gibt, wenn an die Stelle der
anheimelnden dörflichen Kontrolle das kalte Netz der gesellschaftlichen
Überwachung im europäischen Großraum tritt, steht außer Frage. Aber im
nächsten Gedankenschritt müsste uns die Anomie und die Einsamkeit, die
unser eigenes, angeblich überlegenes System mit sich bringt, eigentlich
stutzig machen.

Nicht selten werden die Banlieues wortreich als eine wahre Hölle
beschrieben, in der man nichts als geistige und seelische Zerrüttung
erfahren könne. Doch dies ist nur ein Ausschnitt der Realität, und mit
der Selbstwahrnehmung der Leute hat es noch weniger zu tun.

Viele dieser Beschreibungen sind abwertende Behauptungen, mit denen die
wohlhabenden, bildungsbürgerlichen Klassen sich die einfache Bevölkerung
und ihre Behausungen möglichst vom Leibe halten. Das Leben in den
Vorstädten erscheint aus diesem Blickwinkel nicht nur als hart, sondern
mehr noch als bedrückend, niederschmetternd, in grauenvollen
Verhältnissen erstarrt, ja vom Terror der Nachbarn bestimmt. Dabei ist
doch der Stadtteil oft das Einzige, was dessen junge Bewohner ungeteilt
besitzen, um über ihn zu klagen und zu lachen, um ihn zu verteidigen oder
ein wenig Handel zu treiben. Natürlich träumen die jungen Leute davon,
von hier wegzukommen. Die Rap-Romantik erzählt von diesem oft
enttäuschten Traum, doch sie bringt auch die in diesem Milieu entstandene
Solidarität zum Ausdruck. Die Hoffnung, die Banlieues für immer hinter
sich zu verlassen, verträgt sich durchaus mit dem “Stolz auf den Beton”.

Unbändige Vitalität empört die Spießer

Obwohl die ethnische Segregation in den USA viel ausgeprägter ist als in
Frankreich, sei hier doch darauf hingewiesen, dass sie häufig auch
übertrieben dargestellt wird. Heute kann man in Watts, einem Viertel von
Los Angeles, in dem man angeblich bei jedem Spaziergang riskiert,
ermordet zu werden, ziemlich normal leben und seine Kinder zur Schule
schicken.

Die Verachtung, mit der über die Banlieues geredet wird, hat die
Solidarität unter den Jugendlichen auf den Zusammenhalt der Banden
reduziert und sie letzten Endes zersetzt. Die Zügellosigkeit, mit der die
Banden ihr Unwesen treiben, mag unerträglich sein. Aber wir sollten
alltägliche Rebellion und die schlichte explosive Energie der jungen
Generation besser auseinanderhalten. Die Lebensfreude der jungen Leute
mag sich relativ lautstark äußern, aber in manchem Bürgerhaushalt in den
“Versailler Banlieues”, wo sieben oder acht Kinder um eine erschöpfte
katholische “Bonne” herumtollen, wird es heutzutage kaum leiser zugehen.

Auch darf es als durchaus normal gelten, dass die Jungen anders als die
Erwachsenen nicht über ihre Arbeit nachdenken, die im Übrigen auch mit
der Frage des “Respekts” und der Aufnahme in der Gesellschaft
zusammenhängt. Manchmal provoziert jedoch schon diese Lebensfreude
(polizeipsychologisch: “Hypertonie” oder “Hemmungslosigkeit”) die
institutionelle Repression und die Empörung der Spießer – und setzt somit
unausweichlich den Mechanismus des Hasses in Gang.9

Im Grunde regen sich bestimmte Intellektuelle freilich nur darüber auf,
dass aus dieser unbändigen und manchmal tödlichen Vitalität eine starke
Kultur hervorgegangen ist, die offenbar ansteckender wirkt als ihre
eigene, vermeintliche Hochkultur. Sie bedauern weniger die mangelnde
Integration oder die Orientierungslosigkeit als vielmehr die Tatsache,
dass begeisterte Jugendliche und irgendwelche Medienleute dem in den
Banlieues entstandenen Hiphop zu einem dauerhaften Phänomen und zu einem
integrierenden Element gemacht haben.

Natürlich gibt es, wie bei jeder anderen Musikrichtung, guten und
schlechten Rap. Unbestritten ist jedoch auch, dass einige Rapsongs sowohl
in ihrer politisch-philosophischen Analyse als auch in ihrer poetischen
Kraft die fade gewordene Hochkultur längst in den Schatten stellen.

Dass Vorortjugendliche nicht das gepflegte Französisch sprechen wie die
Studiogäste von “France Culture”, ist keine Nachricht wert. Kultur ist
kein unumstößlicher Kodex, sie kann in bestimmten Situationen wieder
frisch erblühen oder auch ganz neu entstehen. In der Geschichte des
Sklavenhandels waren es vor allem die Kinder, die nach der Ankunft auf
den Antillen die kreolische Sprache und ihre Kultur geschaffen haben, und
zwar aus Bruchstücken und aufgenötigten Vermischungen, aus von den
Weißen aufgeschnappten Wörtern.10 Dabei hatten die Weißen sie mehr
angebellt, als je mit ihnen geredet, und ihnen zugleich verboten, die
Sprache ihrer Eltern zu sprechen.

Von einer solchen Situation kann in Frankreich wahrlich keine Rede sein:
Die republikanische Schule ist nach wie vor unangefochten, die Medien
lullen alle Franzosen gleichermaßen ein, und technologisch sind die
Jugendlichen aus den Banlieues immerhin so weit, dass Polizisten, die
kampfbereite Gruppen aufspüren sollten, zuweilen ganz schön ins
Hintertreffen gerieten.

Rebellion als Teil einer dynamischen Kultur

Wir sollten also weder Erwachsene noch Kinder und Jugendliche verachten,
die – aus ihrer Situation heraus und manchmal gegen innere Widerstände –
einen dynamischen Teil der französischen Kultur hervorbringen. Dann
werden wir in den rebellischen Jugendlichen vom Herbst 2005 die
Protagonisten einer “Integrationskrise” sehen, die junge Franzosen aus
einfachen Verhältnissen nun einmal durchlaufen. Einer Krise im Sinne
einer Adoleszenzkrise, eines initiatorischen Augenblicks. Was uns wie
“die französische Ausnahme” und wie eine große Krise im Verhältnis zu den
Jugendlichen erscheint, wird uns dann wie die Krise eines
Avantgarde-Laboratoriums vorkommen, die einen Ausweg hervorbringen kann,
der zu einer neuen gesellschaftlichen Solidarität führt.

Eine echte Integrationspolitik – das einzig wirksame Mittel, um
schnellen, nachhaltigen Eindruck auf die Pariser Straßenjungs zu machen,
die mit Polizisten und Feuerwehrleuten Robin Hood spielen – wird nur
erfolgreich sein, wenn sie zwei Voraussetzungen erfüllt. Erstens muss sie
jede Form von Paternalismus oder hirnloser Herablassung oder Verachtung
vermeiden und anerkennen, dass der andere einen Anspruch darauf hat, sich
in einer zunehmend uniformen Welt seinen Platz zu suchen. Genau das
erwarten wir schließlich auch, wenn wir in Scharen auswandern, um in
Marokko oder Tunesien oder in der Türkei zu leben, damit wir mehr von
unserer Rente haben.

Die zweite Voraussetzung ist viel allgemeiner: Man kann nicht verlangen,
dass die republikanische Schule allseits anerkannt und hoch geschätzt
wird, dabei aber gleichzeitig miserable Löhne und Gehälter zahlen und
allenthalben Arbeitsbedingungen schaffen, wie sie in den “Sweatshops der
Welt” herrschen. Denn dorthin hat sich die auf Sklavenarbeit angewiesene
Ausbeutung bereits weitgehend verlagert.

Einer unserer klugen alten Männer hat es so ausgedrückt: “Man muss die
jungen Leute beschäftigen. Man muss ihnen Jobs geben, die was einbringen.
Und eines Tages werden sie nett und sympathisch sein!”11

Den Mechanismus, der von der militärisch-politischen Provokation zum Massaker führen kann, analysiert der irische Film "Bloody Sunday" von Paul Greengrass.

Eine Erhebung des Pew Research Center in Washington ergab, dass 65 Prozent der Franzosen eine positive Meinung über Muslime haben, von den Deutschen sind es nur 36 Prozent; http://pewglobal.org/pdf/252.pdf.

Siehe die Arbeiten von Loic Wacquant, insbesondere die vergleichende Studie über ein Getto von Chicago (Woodlawn) und La Courneuve, in: "Urban Outcasts, Color, Class and Place in two advanced societies" (1994). Siehe auch ders.: "Parias urbains, Ghettos, Banlieues, Etat", Paris 2006.

Julia Nevarez, "Vivre aux confins de Central Park et de Harlem à New York", Annales de la Recherche Urbaine, Nr. 83-94, 1999, S. 148-154.

Cynthia Ghorra-Gobin, "South Central = Watts? De la rivalité entre anciennes minorités et nouveaux immigrés", Hérodote, Nr. 85, 1997, S. 143-159.

Klaus Frantz, "Gated Communities in the USA: A New Trend in Urban Development", Espaces, populations, sociétés, Nr. 1, 2000, S. 101-113.

Observatoire des inégalités, "Chômage: le diplôme protège moins dans les quartiers sensibles", 16. März 2005 (Insee, enquête emploi 2003).

Siehe insbesondere den Beitrag von Régis Airault über die "Bangas" auf Mayotte und den Komoren, in: Catherine Bergeret-Amselek (Hg.), "De l'âge de la raison à l'adolescence: quelles turbulences à découvrir?", Paris (Erès) 2005.

Zur entsprechenden Situation in den USA siehe: Daniel Romer, "Blame discourse", Political Communication, Bd. 14, 1997, S. 273-291.

Siehe Kapitel XIII, "Les langues créole", in: Jean Marie Hombert (Hg.), "Aux origines des langues et du langage", Paris 2005.

Roland de la Poype (prominentes Mitglied der Flugzeugstaffel Normandie-Niemen) in einem Interview mit Libération, 3. Juli 2006.

Published 18 October 2006
Original in French
Translated by Eva Moldenhauer
First published by Le Monde diplomatique 10/2006

Contributed by Le Monde diplomatique © Denis Duclos/Le Monde diplomatique Eurozine

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