Redefreiheit in der pluralistischen Gesellschaft

Eröffnungsrede zum 19. Treffen europäischer Kulturzeitschriften

Im Namen von “Toleranz” und “Respekt” behaupten die Liberalen gerne, freie Meinungsäußerung sei zwar eine gute Sache, in einer pluralistischen Gesellschaft aber müsse sie eingeschränkt werden. Für Kenan Malik stellt eine solche Argumentation den Begriff von Respekt auf den Kopf. Gerade weil wir in einer pluralistischen Gesellschaft leben, brauchen wir größtmögliche Redefreiheit. Das Paradoxe am Multikulturalismus als politischer Prozess läge darin, dass er vieles von dem unterminiere, was an der Vielfalt als gelebter Erfahrung kostbar sei.

Wo sollten die Grenzen der Redefreiheit in einer pluralistischen Gesellschaft liegen? Diese Frage stellt man sich in den letzten Jahren mit immer größerem Nachdruck. Als ich vor zehn Jahren auf einer Eurozine-Konferenz sprach, mutete diese Frage trotz der Kontroverse um die Satanischen Verse etwas akademisch an. Die Ereignisse des letzten Jahrzehnts – von 9/11 bis zu den Unruhen in Frankreich, von den Bombenanschlägen in London und Madrid bis zu den wütenden Reaktionen auf die Mohammed-Karikaturen in Jyllands-Posten – haben die Multikulturalismus-Debatte verändert und sie in eine mörderische Realität verwandelt. Das alles hat auch zu einem Umdenken bei den Liberalen geführt. Vor zwanzig Jahren traten die meisten von ihnen für die Veröffentlichung von Salman Rushdies Satanischen Versen ein, obwohl diese für viele Muslime eine Beleidigung darstellten. Heute argumentieren viele, dass dies zwar prinzipiell richtig sein möge, in der Praxis aber müsse man den religiösen und kulturellen Empfindsamkeiten Rechnung tragen, da es sich um tief verwurzelte Überzeugungen handele. Ian Jack, der Herausgeber der Zeitschrift Granta, vertrat in der Sache der Mohammed-Karikaturen die Meinung, man müsse “das Recht des Individuums, etwas auszustellen oder zu publizieren” gegen “die unermessliche Beleidigung […], die die Ausübung eines solchen Rechtes verursachen würde” abwägen. Und für einen Liberalen wie Jack ist es wichtiger, kulturellen Schmerz in einer multikulturellen Gesellschaft zu vermeiden, als das abstrakte Recht der freien Meinungsäußerung hochzuhalten.

Das Problem dieser Debatte liegt zum Teil darin, dass beide Seiten zwei verschiedene Begriffe von Multikulturalismus miteinander verschmelzen – Multikulturalismus als gelebte Erfahrung und Multikulturalismus als politischer Prozess. Die meisten Menschen, die Multikulturalismus für eine gute Sache halten, meinen damit, dass es gut ist, in einer weniger insularen, weniger homogenen, dafür aber lebendigeren und kosmopolitischeren Gesellschaft zu leben. Es geht dabei also um kulturelle Vielfalt, Masseneinwanderung, offene Grenzen und eine offene Geisteshaltung.

Jene, die Multikulturalismus als politischen Prozess befürworten, meinen etwas anderes. Multikulturalismus bedürfe der öffentlichen Anerkennung und einer Affirmation von kulturellen Differenzen. Wir leben in einer Welt, so ihre Argumentation, in der tief verwurzelte Konflikte zwischen Kulturen existieren, die unterschiedliche, häufig nicht miteinander vereinbare Werte repräsentieren, die aber in ihrem eigenen Kontext ihre Gültigkeit besitzen. Soziale Gerechtigkeit erfordere nicht bloß, dass Individuen politisch gleich behandelt, sondern dass auch ihre kulturellen Überzeugungen als gleichberechtigt anerkannt und in der öffentlichen Sphäre tatsächlich institutionalisiert werden. Die amerikanische Philosophin Iris Young meinte dazu: “Gruppen können nur dann sozial gleichberechtigt sein, wenn ihre spezifische Erfahrung, ihre Kultur und ihr gesellschaftlicher Beitrag öffentlich anerkannt und bejaht werden.”

Dieses Verschmelzen von gelebter Erfahrung und politischem Prozess hat sich als höchst unerfreulich erwiesen. Zum einen hat es vielen aus dem rechten Spektrum – und nicht nur diesen – erlaubt, die Probleme sozialer Kohäsion als Resultat der Masseneinwanderung darzustellen und Minderheiten zum Problem zu stilisieren. Zum anderen hat es viele Liberale dazu gezwungen, die traditionellen Vorstellungen von Freiheit zugunsten der Verteidigung der Vielfalt aufzugeben.

Ich halte es für gefährlich, diese beiden Konzepte voneinander zu trennen. Das Paradox des Multikulturalismus als politischen Prozesses besteht darin, dass er vieles von dem untergräbt, was an Vielfalt als gelebter Erfahrung wertvoll ist. Wenn wir von Vielfalt sprechen, meinen wir, dass es auf der Welt chaotisch zugeht, es überall Zusammenstöße und Konflikte gibt. Das ist durchaus in Ordnung, denn solche Zusammenstöße und Konflikte bilden die Grundlage für politisches und kulturelles Engagement.

Die Liberalen stellen sich nur sehr selten die Frage “Warum sollten wir Vielfalt schätzen?” Vielfalt ist nicht an sich wichtig, sondern weil sie uns ermöglicht, unseren Horizont zu erweitern, unterschiedliche Werte, Überzeugungen und Lebensstile zu vergleichen und einander gegenüberzustellen, sie zu beurteilen und zu entscheiden, welche besser und welche schlechter sind. Anders gesagt, Vielfalt ist wichtig, weil sie uns gestattet, uns auf einen politischen Dialog einzulassen, der eine universelle Interpretation von Staatsbürgerschaft ermöglichen könnte.

Gerade aber diese Debatten und Urteile sind es, die der Multikulturalismus als politischer Prozess im Namen von “Toleranz” und “Respekt” zu unterdrücken versucht. Das wirklich Wertvolle an der Vielfalt – die Zusammenstöße und Konflikte, die sie hervorbringt – ist das, was viele Anhänger des Multikulturalismus am meisten fürchten.

Dies ist einer der Gründe, warum sich so viele der jüngsten hitzigen Diskussionen über den Multikulturalismus um die Frage der Redefreiheit gedreht haben. Vom dänischen Karikaturenstreit bis zur Rede des Papstes liegt ihnen die Angst zugrunde, dass die uneingeschränkte Redefreiheit unlösbare Konflikte hervorrufe und daher eingeschränkt werden müsse. Die Liberalen haben beinahe axiomatisch die Idee akzeptiert, dass Redefreiheit an und für sich zwar gut sei, in einer pluralistischen Gesellschaft aber notwendigerweise weniger frei sein dürfe. Wenn inhomogene Gesellschaften funktionieren und gerecht sein sollen, müssen wir uns anderen Völkern, Kulturen und Standpunkten gegenüber respektvoll verhalten. Dies können wir aber nur, wenn wir gegenüber solchen Menschen intolerant sind, deren Ansichten andere kränken oder die damit tief verwurzelte moralische Grenzen überschreiten. Der britische Soziologe Tariq Modood meinte dazu: “Wenn Menschen im selben politischen Raum konfliktfrei miteinander leben sollen, muss jeder den Rahmen, innerhalb dessen er die Grundanschauungen einer anderen Kultur kritisieren darf, einengen.” Eines der Paradoxa der pluralistischen Gesellschaft dürfte darin bestehen, dass die Erhaltung der Vielfalt uns dazu zwingt, der Meinungsvielfalt weniger Raum zu geben.

Ich halte das Gegenteil für richtig. Gerade weil wir in einer pluralistischen Gesellschaft leben, brauchen wir das größte Maß an Redefreiheit. In homogenen Gesellschaften, wo jeder wie der andere denkt, würde es keinen Sinn machen, andere zu kränken. In der realen Welt der pluralistischen Gesellschaften ist es unvermeidlich und wichtig, dass Menschen an die Empfindlichkeiten von anderen rühren. Unvermeidbar, weil dort, wo verschiedene tiefe Überzeugungen existieren, Konflikte unvermeidbar sind. Und wir sollten uns mit diesen Zusammenstößen auseinandersetzen, statt sie zu unterdrücken. Wichtig, weil jede Art gesellschaftlichen Wandels oder sozialen Fortschritts bedeutet, tief verwurzelte Empfindungen zu verletzen. Das Recht, “die Grundanschauungen des anderen einer Kritik zu unterziehen” ist der Kern jeder offenen, pluralistischen Gesellschaft. “Freiheit hat nur dann einen Sinn, wenn dazu auch das Recht gehört, anderen Menschen Dinge zu sagen, die sie nicht hören wollen”, so einst George Orwell.

Aber sollten wir nicht auch dafür Sorge tragen, dass Minderheiten nicht vorsätzlich verunglimpft werden können? Obliegt es nicht jeder zivilisierten Gesellschaft, die Schwachen und Verletzlichen zu schützen? Sicherlich. Aber fragen Sie sich selbst: Wer profitiert am meisten von der Zensur? Nicht die Schwachen und die Verletzlichen, sondern vielmehr jene, die die Macht haben, Zensur aus zu üben – als auch ihrer bedürfen. Wer für Zensur eintritt, strapaziert oft das Argument, nur einige wenige könnten frei ihre Meinung äußern: die Medienbarone oder die Ministerien. Das Gegenteil ist der Fall. Die Macht der Zensur liegt in den Händen von einigen wenigen, die Fähigkeit zur freien Meinungsäußerung aber bei uns allen.

Dass wir in einer verkehrten Welt leben, zeigt sich, wenn einerseits viele Liberale Zensur als progressives Instrument verstehen und andererseits die Befürworter der freien Meinungsäußerung Minderheiten als größten Hemmschuh der Freiheit sehen. Ich habe vor kurzem an einer Diskussion über Muslime und Redefreiheit im britischen Fernsehen teilgenommen. Dabei trat ich für die freie Meinungsäußerung als Freund, nicht als Feind von Minderheiten, auch der Muslime, ein. Kein leichtes Unterfangen, denn die Diskussion polarisierte die Anhänger der Redefreiheit, die Muslime als das Problem sahen (das Publikum hatte letztlich über die Frage zu entscheiden “Stellen Muslime eine Bedrohung für die Redefreiheit dar?”) und jene, die die Rechte der Muslime verteidigen wollten und umgekehrt Redefreiheit als das Problem verstanden.

Viele der jüngsten Konflikte in Sachen Redefreiheit wurden sicherlich vom Zorn der Muslime angeheizt. Die Vorstellung, dass Muslime die Hauptbedrohung der Redefreiheit darstellen, ist allerdings absurd – insbesondere in einem Land wie Großbritannien, wo die Rechtsprechung in Bezug auf Verleumdung mittelalterlich anmutet und Freiheiten ständig im Namen des so genannten “Kriegs gegen den Terror” unterminiert werden.

Die Muslime haben sicherlich von der Kultur der Zensur profitiert – und davon, dass die meisten nicht absichtlich Anstoß erregen wollen – die jetzt in den meisten westlichen Gesellschaften tief verankert ist. Es wäre jedoch absurd zu glauben, sie hätten diese Zensurkultur hervorgebracht. Genauso absurd ist die Behauptung, dass die Zensur Muslime begünstigt. Insofern die Zensur Muslime begünstigt, begünstigt sie nicht Muslime im Allgemeinen, sondern jene Mitglieder der muslimischen Gemeinschaften, die die Macht besitzen und diese nicht in Frage gestellt sehen wollen. In Wahrheit dient die Zensur dazu, progressive Bewegungen in Minderheitsgesellschaften zu untergraben.

Nehmen wir den dänischen Karikaturenstreit. Man hatte angenommen, dass sich die Gesamtheit der Muslime durch die Karikaturen verletzt fühlte und sie daher verbieten wollte. Dies entspricht nicht der Wahrheit. Bünyamin Simsek, muslimischer Stadtverordneter im dänischen Aarhus, war an der Organisation einer Gegendemonstration gegen den Protest beteiligt. “Es gibt”, so Simsek, “eine große Gruppe von Muslimen in der Stadt, die in einer säkularen Gesellschaft leben möchten und das Prinzip vertreten, Religion sei eine Angelegenheit zwischen ihnen und Gott und nicht etwas, in das die Gesellschaft hineingezogen werden sollte.” Er ist nicht der Einzige. Solche Stimmen werden aber durch eine überstürzte Zensur, die alles, was angeblich beleidigend wirkt, verbietet, zum Verstummen gebracht.

Zensoren für die Multikulturalität stärken die Position der konservativsten Elemente und unterminieren diejenigen, die Tradition und Autorität in Frage stellen wollen. Aus diesem Grunde sind Gruppen wie die Southall Black Sisters – eine Organisation militanter asiatischer Frauen, die seit über zwanzig Jahren gegen Rassismus und Diskriminierung von Frauen zu Felde ziehen – ganz und gar dagegen, dass Kränken oder Anstoß erregen verboten werden sollte. Rahila Gupta von den Southall Black Sisters reagierte auf Pläne der britischen Regierung, die das Aufhetzen zu “religiösem Hass” unter Strafe stellen wollte, damit, dass eine solche Zensur “die religiöse Intoleranz verstärken und das Recht der Frauen aufzubegehren abwürgen werde”. Und dies, so Rahila Gupta, “ist ein zu hoher Preis, um eine entfremdete Gemeinschaft zu besänftigen.”

Der Begriff “Anstoß erregen” oder “kränken” unterstellt, dass manchen Menschen gewisse Überzeugungen so wichtig oder wertvoll sind, dass man sie nicht beleidigen, karikieren oder auch nur hinterfragen dürfe. Das Prinzip der Redefreiheit besteht gerade darin, eine ständige Herausforderung der Idee zu sein, dass manche Fragen über jeden Streit erhaben sind. Redefreiheit stellt Autorität in Frage. Aus diesem Grunde ist Redefreiheit nicht nur für die Praxis der Demokratie entscheidend, sondern auch für die Ziele jener Gruppen, bei denen der demokratische Prozess versagt hat. Redefreiheit kommt also nicht jenen zugute, die die Macht besitzen, sondern denen, die sie in Frage stellen. Und Zensur nützt in Wirklichkeit jenen, die ihre Autorität nicht hinterfragt sehen möchten.

Es ist wohl wahr, dass Kränkungen häufig nicht aus einer progressiven Geisteshaltung heraus zugefügt werden, sondern aus Bigotterie – aus Rassismus oder Schwulenhass. Wir sollten aber gleichermaßen liberale wie reaktionäre Orthodoxien kritisieren dürfen. Das Recht auf freie Meinungsäußerung greift nur dann politisch, wenn wir gezwungen sind, die Rechte von Menschen zu verteidigen, deren Meinungen wir nicht teilen.

Jedenfalls kann man bigotte Ideen keinesfalls in Frage stellen, indem man sie verbietet. Dadurch schwären sie bloß im Untergrund. Milton hat dies einst sehr eindrucksvoll festgestellt: “Schädliche Doktrin zu verbieten, indem man sie per Gesetz reglementiert, kommt der Glanzleistung des tapferen Mannes gleich, der den Krähen den Zutritt zu seinem Park verwehren möchte, indem er das Tor versperrt.” Durch Zensur werden hässliche Ideen nicht ausgemerzt. Wir entziehen uns dadurch bloß der Verantwortung, uns mit ihnen auseinanderzusetzen. Nur durch Redefreiheit können wir unsere Ablehnung gegenüber solchen Menschen zum Ausdruck bringen und ihre Ideen anfechten.

Redefreiheit heißt nicht, alle Anschauungen zu akzeptieren. Jeder sollte seine Meinung öffentlich äußern dürfen, und wenn diese unzumutbar ist, sollten wir sie anfechten. Heute tun wir allerdings das genaue Gegenteil: Wir verbieten bestimmte Ideen, weil wir sie für unschmackhaft halten. Manche aber trauen wir uns nicht anzufechten, weil wir bei anderen Kulturen keinen Anstoß erregen wollen.

Ihr versteht uns völlig falsch, sagen die Zensoren. Wir sind nicht auf Zensur aus. Wir wollen bloß, dass allen Überzeugungen und Kulturen der gleiche Respekt entgegengebracht wird. Doch eine solche Sichtweise stellt den Begriff des Respekts auf den Kopf.

Im Kantschen Sinn bedeutet Respekt, dass wir jedes Individuum als moralisches und autonomes Wesen gleich behandeln. Jedes Individuum besitzt das Vermögen, politische und moralische Ansichten zu äußern und nach diesen zu handeln. Jedes Individuum muss für seine Ansichten und Handlungen die Verantwortung übernehmen und sollte nach diesen beurteilt werden können. Die Bedeutung der Redefreiheit liegt darin, dass sie einen Ausdruck der individuellen moralischen Autonomie darstellt, der Fähigkeit des Menschen, seine Überzeugungen und Handlungen in einer gesunden Debatte darzulegen und die Konsequenzen zu tragen.

Der multikulturelle Zensor fordert nicht nur für Personen, sondern auch für ihre Überzeugungen Respekt. Und dadurch untergräbt er die individuelle Autonomie, indem er einerseits das Recht der Menschen, andere Überzeugungen zu kritisieren, einschränkt, und andererseits darauf besteht, dass Individuen, die diese Überzeugungen vertreten, zu schwach oder verletzlich sind, um Kritik, Satire oder Beschimpfungen zu ertragen.

Der multikulturelle Zensor behandelt die Menschen nicht als respektvolle autonome Wesen, sondern als hilflose Opfer, die eines speziellen Schutzes bedürfen. Was dabei herauskommt, ist ein Wetteifern um Opferschaft, da jede Gruppe bemüht ist, sich als jene zu sehen, deren Empfindlichkeiten am tiefsten verletzt wurden. Das Resultat ist eine völlig willkürliche Haltung dazu, was tolerierbar ist. Der britische Muslimführer Iqbar Sacranie äußerte sich vor einigen Monaten abschätzig über Homosexuelle, was irrsinnigerweise eine polizeiliche Untersuchung zur Folge hatte. Daraufhin verfassten 22 Muslimführer ein Protestschreiben an die Times, in dem sie das Recht einforderten, “ihre Anschauungen in einer Atmosphäre, die frei von jeder Einschüchterung und Schikane ist, äußern zu können.” Dieselben Führer sprechen aber den Zeitungen dieses Recht ab, wenn sie gegen die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen protestieren. Viele, die sich über die den Propheten verhöhnenden Karikaturen freuten, zogen die Grenze beim Holocaust. Schwulenrechtler (und schwarze Ragakünstler) fordern, dass Muslime wegen Homophobie strafrechtlich verfolgt werden, wollen aber die Muslime nach Belieben straffrei kritisieren dürfen. Bald wird es heißen: “Meine Rede sollte frei sein, deine aber kostet uns zu viel.”

Wie wir hier sehen können, ist das Argument gegen Redefreiheit tatsächlich ein Argument für die Verteidigung partikularer Gruppeninteressen. Und aus diesem Grund müssen wir uns gegen eine Einschränkung der Redefreiheit aussprechen. Wir können eine pluralistische Gesellschaft errichten, in der Redefreiheit die Instrumente für Engagement und Dialog zwischen verschiedenen Teilen der Gesellschaft schafft. Oder aber eine Gruppengesellschaft, in der die Einschränkung der freien Meinungsäußerung hilft, die einzelnen Gruppen zu kontrollieren. Darüber müssen wir entscheiden.

Der Artikel basiert auf der Eröffnungsrede zum 19. Treffen europäischer Kulturzeitschriften, London 27.-30. Oktober 2006.

Published 5 April 2007
Original in English
Translated by Andrea Marenzeller

© Kenan Malik Eurozine

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