König Ubu in Ungarn

Viktor Orbáns „Totalangriff“ auf die Kultur

Die Eroberung der kulturellen Deutungshoheit gehört zu den zentralen
Zielen der ungarischen Regierung. Während Viktor Orbán in seiner ersten
Regierungszeit vorwiegend symbolpolitisch agierte, steht seit 2010 der
Austausch der Kultureliten im Vordergrund. Es geht nicht nur um ideologische
Fragen, sondern auch um Macht und Geld. Leitende Positionen wurden
mit Fidesz-Anhängern besetzt, Institutionen gesäubert, Gremien unterwandert
und demokratische Verfahren ausgehöhlt. Die Auswüchse dieser
Gleichschaltung wirken absurd, doch ihre Wirkung ist durchschlagend.

 Seit Viktor Orbáns Machtantritt im Jahr 2010 sind Metaphern aus der Sprache des Fußballs und der Kriegsberichterstattung in der öffentlichen Debatte in Ungarn allgegenwärtig. Täglich werden Schlachten ausgetragen und große Siege errungen. Zu den in ganz Ungarn bekannten Orbanismen gehört der Ausdruck „Totalangriff auf dem ganzen Spielfeld“. Dieser „Totalangriff“ ist Teil des ungarischen Alltags. Orbán und seine Leute führen ihn gegen die gesamte Gesellschaft.

Die Attacke auf die Kultur begann bereits weniger Wochen nach dem Amtsantritt der zweiten Orbán-Regierung. Unerwartet war dies keinesfalls. Kostproben hatte es bereits in der Zeit der ersten Orbán-Regierung 1998–2002 und nach den Kommunalwahlen im Herbst 2006 gegeben. Was zwischen 2006 und 2010 in den von Orbáns Partei Fidesz beherrschten Ortschaften in den Kulturinstitutionen passierte, war jedoch nur ein Vorgeschmack auf die Entwicklung in den Jahren nach dem großen Wahlsieg von 2010.

In seiner ersten Amtszeit setzte Orbán in seinem Kampf um kulturelle Deutungshoheit sowohl symbolische als auch ganz konkrete Mittel ein. Zu den symbolischen Mitteln gehörte etwa die Schaffung eines Museums der kommunistischen Unterdrückung, des sogenannten „Hauses des Terrors“, das nach dem Konzept der Fidesz -nahen Historikerin und offiziellen Beraterin Orbáns Mária Schmidt errichtet wurde.1Auch die sogenannten „Landesfahnen“, die bei staatlichen Einweihungszeremonien überreicht werden, sind ein solches Mittel. In dieselbe Reihe gehört auch die aufwendig inszenierte Schau um die ungarische Königskrone, die aus dem Nationalmuseum ins Parlament gebracht, zuvor aber noch mit dem Schiff nach dem alten Königssitz Esztergom transportiert und dort nach einer heiligen Messe für einige Stunden ausgestellt wurde.

 Orbáns Vorstellungen von der „Umstimmung“ der ungarischen Kultur manifestierten sich nicht nur in solchen symbolischen Gesten, sondern auch in den Vorgängen rund um das Nationaltheater: Nachdem das Theater in Ermangelung einer eigenen Spielstätte lange Zeit in einem provisorischen Gebäude gespielt hatte, war 1996 ein Wettbewerb für einen Neubau auf dem Erzsébet-Platz im Herzen Budapests ausgeschrieben worden. 1997 begannen die Arbeiten zur Errichtung des gekürten Entwurfs. Wenige Monate nach dem Amtsantritt der ersten Orbán-Regierung wurden sie im Oktober 1998 eingestellt. Das neue Theatergebäude sollte nun außerhalb des Stadtzentrums entstehen; das mit einer schallisolierten Tiefgarage ausgestattete Fundament auf dem Erzsébet-Platz – vom Budapester Volksmund „Die Grube“ genannt – blieb als Bauruine stehen. Mit dem Neubau beauftragte der von Orbán persönlich ernannte Theaterdirektor György Schwajda ohne jeden Wettbewerb die Architektin Mária Siklós, die an der Modernisierung seines früheren Theaters in Szolnok mitgewirkt und seine eigene Villa gebaut hatte.

Ebenfalls bezeichnend für Orbáns Verhältnis zur Kultur war der Filmauftrag, den er in der zweiten Hälfte seiner Amtszeit erteilte: Der Regisseur Géza Bereményi sollte auf Wunsch des Ministerpräsidenten einen Film über eine hervorragende Gestalt der ungarischen Geschichte drehen, den Grafen István Széchenyi. Geld spielte keine Rolle – das Projekt wurde mit einem in der ungarischen Filmgeschichte beispiellosen Budget finanziert. Die Hauptrolle in dem großangelegten Historiendrama A Hídember  (dt. unter dem Titel: Im Schatten der Brücke) spielte ein alter Anhänger Orbáns, der Schauspieler Károly Eperjes. Der Film über Széchenyi, der als größter Reformer der ungarischen Geschichte gilt, hatte allenfalls mäßigen Erfolg.

Vom Kulturkampf zum Elitenwechsel

Während die erste Fidesz -Regierung sich von der Kulturszene Bestätigung erhoffte, wählte Orbán ab 2010 andere Methoden. „Elitenwechsel“ hieß die ganz offen verkündete Losung: Unter diesem Stichwort wurde mit der geistigen und politischen Unabhängigkeit aufgeräumt und in der Kultur wie in allen anderen Bereichen Orbán-treue Kader in Schlüsselpositionen gehoben. Wie der Soziologe András Bozóki bemerkt, war dies kein Kulturkampf mehr, sondern ein Kampf gegen  die Kultur. Die Ideologie des Elitenwechsels ist der Antikommunismus, der Antiglobalismus und ein nie wirklich definiertes „nationales Engagement“, das sich vor allem in symbolischen Botschaften manifestiert.2

 Den Elitenwechsel kündigte Orbán schon 2009 in seiner Rede beim alljährlichen „Bürgerpicknick“ des Fidesz  in Kötcse an, die auch bereits seine wichtigsten kulturpolitischen Vorstellungen für den Wahlkampf 2010 enthielt.3Es wäre verfehlt, dahinter nur ideologische Motive zu suchen. In der Kaderpolitik der Fidesz -Regierung geht es vielmehr vor allem um Macht und Geld – auch deshalb hatte es Orbán so eilig, die wichtigen Positionen mit eigenen Leuten zu besetzen.

Eine zentrale Rolle für Orbáns Kulturpolitik spielt die Ungarische Kunstakademie (Magyar Művészeti Akadémia), gegründet 1992 von 22 Künstlern, die politisch dem damals regierenden rechtskonservativen Ungarischen Demokratischen Forum  (Magyar Demokrata Fórum, MDF) nahestanden. Ursprünglich war sie ein privater Verband, der als „Gegenakademie“ zu der im selben Jahr unter dem Dach der Ungarischen Akademie der Wissenschaften gegründeten Széchenyi-Akademie für Literatur und Kunst konzipiert war.4

In der von der Fidesz -Mehrheit 2011 verabschiedeten neuen Verfassung wurde dieser parallele Verband nun zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erklärt. Faktisch wurde die Ungarische Kunstakademie durch das neue Grundgesetz in Verbindung mit anderen Gesetzen auf absehbare Zeit zur höchsten Instanz bei der Verteilung öffentlicher Kulturfördergelder. Im April 2013 protestierte eine große Zahl ungarischer und internationaler Künstler in einem Offenen Brief gegen diese Entwicklung.5

  Durch den veränderten Status der Kunstakademie wurde einem geschlossenen Kreis von stramm konservativ gesinnten Künstlern das Recht eingeräumt, über die Vergabe von Subventionen, Gehältern, Stipendien, Staatspreisen usw. an sämtliche Künstler des Landes zu bestimmen. Der Präsident der Akademie György Fekete, der im Kádár-Regime ein angesehener Innenarchitekt gewesen war und nach 1989 zunächst auf verschiedenen politischen Seiten mitgespielt hatte, tat sich schon bald mit ultrakonservativen Ansichten sowie einer unbedingten Loyalität zu Viktor Orbán hervor. Nach seinem Amtsantritt bei der Kunstakademie im Jahr 2011 sprach er sich unmissverständlich gegen eine seinem Verständnis nach „degenerierte“ Kunst aus: „Wer Akademiemitglied sein will, muss eine nationale Gesinnung haben, muss Ungarn mit seiner Sprache und auch seinen Fehlern lieben und nicht vom Ausland aus den Ruf des Landes schädigen“, so die von Fekete ausgegebene neue Richtlinie. Der Akademiepräsident bedauerte ausdrücklich, dass „im Ausland auch György Konrád als Ungar betrachtet wird, was auch immer er über uns sagt.“6Fekete kündigte an, dass Künstler, „die Ungarn aus dem Ausland verunglimpfen“, in Zukunft möglicherweise nicht mehr Mitglied der Akademie werden könnten7– womit sie auch auf die üppige Zusatzrente verzichten müssten, die der Staat diesen zahlt.

 All dies war sogar dem Vorstand der Akademie zu viel des Guten. Im Januar 2013 versuchte man Fekete zu bewegen, das Amt zu räumen, denn seine Haltung und seine Äußerungen würden nur Schaden anrichten und die Kulturszene spalten. Doch der damals 81-jährige Fekete weigerte sich, zurückzutreten – und der Vorstand der Akademie nahm zur Kenntnis, dass der Präsident „im Interesse der Kontinuität der Arbeit und unter Berücksichtigung der vorliegenden berechtigten Kritik“ sein Amt weiter ausführe.8Nach einer kleineren Austrittswelle (etwa eine Dutzend Mitglieder verließen die Akademie) verstummten die Proteste gegen den Präsidenten wieder. Erst im Oktober 2017 wurde der moderate 47-jährige Dirigent György Vashegyi zu seinem Nachfolger gewählt; Fekete selbst bekleidet seither die Position eines Ehrenpräsidenten. Dass er auf so wenig Widerstand stieß und stößt, obwohl seine Prinzipien und Methoden allgemein bekannt sind, hat vor allem damit zu tun, dass der Künstlerverband, der laut Fekete selbst jahrzehntelang als „alter Karren“ dahingeholpert sei, unter seiner Regie in anderthalb Jahren „zu einem schillernden Jagdbomber“ wurde: Trotz der Wirtschaftskrise flossen bereits 2012 2,5 Milliarden Forint (8,4 Millionen Euro) aus dem Staatsbudget an die Akademie, die Summe hat sich seitdem vervielfacht.

An die Schalthebel der Institutionen

Eine der Schlüsselfragen der Orbán-Regierung ist die Kontrolle der Kulturinstitutionen: Die Periode 1998–2002 war zu kurz und die Mehrheit der Regierung nicht groß genug, um ihre Vorhaben umzusetzen. 2010 handelte sie schnell und entschlossen: Museen wurden zusammengelegt, die Nationalgalerie vom Museum der Schönen Künste „einverleibt“, an die Spitze der Budapester Staatsoper setzte Orbán einen Regierungsbeauftragten, der später auch deren Direktor wurde. Das Nationaltheater war – neben den Fußballstadien – Orbáns Herzensangelegenheit. Er hatte den Neubau noch in der heißen Phase des Wahlkampfs im März 2002 eröffnen können und wollte das Theater nach seinem Wahlsieg 2010 von dem „Usurpator“ Róbert Alföldi, dem 2008 unter der MSZP-Regierung ernannten Leiter des Hauses, zurückerobern. Drei Jahre lang inszenierte der Fidesz  eine regelrechte Hexenjagd gegen den außerordentlich erfolgreichen Theaterleiter, der nach Ansicht der Partei nicht imstande war, „authentisch über nationale Schicksalsfragen“ zu sprechen. Trotz dieser Kampagnen räumte Alföldi seinen Posten erst, als sein Vertrag 2013 auslief. Zu seinem Nachfolger wurde Attila Vidnyánszky ernannt, für den das Nationaltheater „ein sakraler Ort“ ist. In einem Interview anlässlich seiner Ernennung erwog Vidnyánszky gar, das Haus „weihen [zu] lassen, denn ich denke, die Angelegenheit des Nationaltheaters, kann – wie der Geist der Nation – erst in einer metaphysischen Dimension erfasst werden“. 9

Vidnyánszkys Ernennung gingen eine Reihe ähnlicher Fälle voraus. Nachdem der Fidesz im Herbst 2006 vielerorts die Kommunalwahlen gewonnen hatte, erhielten die politisch engagierten Schauspieler, die sich auf Fidesz -Kundgebungen gern als „Biokulisse“ hinter Orbán gezeigt hatten, einer nach dem anderen eigene Theater in den betreffenden Städten.

 Zwar muss die Besetzung solcher Posten in Ungarn seit Mitte der 1980er Jahre öffentlich ausgeschrieben werden; die Bewerbungen sind von einer Fachjury zu begutachten, die dann per Abstimmung über die Besetzung entscheidet. In den Städten, wo die frisch gewählten Bürgermeister dem Fidesz  angehörten, wurde diese Praxis allerdings etwas abgewandelt: Die Stellen wurden ausgeschrieben, das eingeladene Fachgremium diskutierte über die Kandidaten, letztlich wurde aber jeweils die Person ausgewählt, die dem Fidesz  am nächsten stand. So ging aus der Ausschreibung in der westungarischen Stadt Kaposvár, die in den vergangenen 60 Jahren ungarische Theatergeschichte geschrieben hat – das örtliche Theater war Schauplatz zahlreicher wichtiger Theaterexperimente und bedeutender Produktionen – ausgerechnet der Orbán-Vertraute György Schwajda als neuer Theaterleiter hervor. In seinem zunächst geheim gehaltenen, später gegen seine Absicht bekannt gewordenen Programm hatte er praktisch nichts über seine Pläne geschrieben, sondern lediglich seine Konkurrenz beschimpft.

Einem ähnlichen Drehbuch folgte die Besetzung vakant gewordener Direktorenposten auch in anderen Städten. Beim Pécser Theatertreffen, dem bedeutendsten ungarischen Theaterfestival, protestierten die Größen des ungarischen Theaterlebens gegen diese Methode, nach der zum Beispiel 2007 der für seine Treue zu Orbán bekannte Fernsehkomiker Péter Balázs zum Theaterdirektor in Szolnok ernannt worden war. In einem gemeinsamen offenen Brief äußerten sie die Überzeugung, „dass die Stadtverordnetenversammlung es sich nicht leisten kann, die Stellungnahme des von ihr selbst beauftragten Fachkuratoriums außer Acht zu lassen“ und insistierten auf „sachlichen Argumenten“.10Der Regisseur Imre Kerényi, der 2011 zum „Sonderbeauftragten des Ministerpräsidenten für die Fundierung des nationalen Rechtsbewusstseins und die Wahrung und Förderung der ungarischen kulturellen Werte“ ernannt wurde, antwortete auf die Proteste ebenfalls in einem offenen Brief. In diesem beschreibt er das Wesen der Orbánschen Kaderpolitik, die Besetzung der Theater und anderer kultureller Institutionen durch Fidesz -Anhänger mit unmissverständlicher Klarheit formulierte.

Der Brief beginnt mit einem Hinweis auf die „leuchtend blauen Augen“ des neuen Direktors (eine Anspielung auf Balázss nicht-jüdische Herkunft) und erklärt dann, das Pochen auf künstlerisches Niveau sei nur ein schäbiger bolschewistischer Trick der Kritiker, der jedoch nichts fruchten werde, denn „auch in einer Demokratie wird alles von der Politik entschieden“.11

  Die Zeit für Menschen wie Péter Balázs sei gekommen, stellte Kerényi fest und rief seine Kollegen, „die Ihr nicht Anhänger linksliberaler Ideen seid“, auf, sich zu bewerben. Die nicht-linksliberalen Kollegen beherzigten den Aufruf und bewarben sich. Der Schauspieler Péter Cseke, der bei allen großen Kundgebungen neben Orbán zu stehen pflegte, wurde daraufhin Leiter des Theaters in Kecskemét – mit einem „auf das Publikum zugeschnittenen Programm nationalen Charakters“, das auch „Weisungen des Glaubenslebens und Stücke, die mit dem Glauben zusammenhängen“ beinhaltete.12Etwas schwieriger gestaltete sich die Übernahme des Theaters in Győr, aber schließlich gelang sie doch. Einen Skandal verursachte die Wahl des Theaterleiters in Székesfehérvár: Dort wurde ein Schauspieler gekürt, der bis dato vor allem in der Fernsehwerbung brilliert hatte, für den aber sprach, dass er der Schwiegersohn des Orbán nahestehenden Industriemagnaten Gábor Széles war. Sein Programm bestand erklärtermaßen in der „Förderung der Entwicklung der nationalen Seele“.13

Nach dem Machtantritt Orbáns überschlugen sich die Ereignisse in allen Bereichen der Kultur. Weitere Theater wurden Leuten aus Orbáns Umfeld anvertraut. In Budapest legte der neue Oberbürgermeister István Tarlós (Fidesz) das Theater Új Színház  (Neues Theater) in die Hände des Schauspielers György Dörner, der eine der wichtigsten Figuren der rechtsradikalen, antisemitischen Jobbik  ist und bei diversen Parteiveranstaltungen auftrat. In mehreren anderen Fällen wurde der Besetzungsvorschlag der zuständigen Jury als bloße Formalität abgetan, so etwa bei der Neu-/Wiederbesetzung des Direktorenpostens in Szombathely. Tamás Jordán, einer der bekanntesten ungarischen Theatermacher, Schauspieler, Regisseur und ehemaliger Chef des Merlin Theaters und des Budapester Nationaltheaters, hatte dort 2007 ein neues Theater gegründet, das sich im Lauf der Jahre den Ruf einer interessanten und bedeutenden Werkstatt erarbeitete. Nach Ablauf seiner zweiten Amtszeit bewarb Jordán sich erneut, der einzige Gegenkandidat trat zurück, die Jury schlug Jordán für den Posten vor, aber die Fidesz -Mehrheit der Stadtverwaltung entschied sich wegen seiner politischen Ansichten gegen ihn. Erst in einem zweiten Verfahren erhielt er den Auftrag für die Jahre 2017–2021.

Sonderfall Film

Die Filmkunst war eine wesentlich leichtere Beute und insofern noch attraktiver, als es hier um große Geldsummen geht. Ein Land wie Ungarn mit zehn Millionen Einwohnern kann in Sachen Film nicht allein auf die Gesetze des Marktes setzen, der ungarische Film kam nie ohne staatliche Subventionen aus. Das Filmfördersystem, das Orbán 2010 vorfand, funktionierte gut: Der ungarische Film hatte einen spektakulären Aufschwung erlebt, junge Filmemacher ernteten internationale Erfolge und die Produktion war erstaunlich vielfältig. Grundlage der Filmförderung war das 2004 verabschiedete Filmgesetz, dem zufolge – ähnlich wie in einer Reihe von westlichen Staaten – ein Teil der Lottoeinnahmen für die Filmproduktion reserviert war. Über diese Gelder verfügte eine Stiftung öffentlichen Rechts, die Ungarische Öffentliche Filmstiftung (Magyar Mozgókép Közalapítvány), die von gewählten Vertretern aus 26 Organisationen der Filmbranche geleitet wurde.

Der Angriff der Orbán-Regierung auf die Filmbranche kam schnell. Man bezichtigte die Filmemacher der Korruption: Weil sie Gelder veruntreut hätten, müsse das bisherige System abgeschafft werden. 14Die Anschuldigungen blieben immer vage, es wurde weder Anklage erhoben noch irgendetwas bewiesen. Es ging nur um Diffamierung, die das Feld für den nächsten personellen und institutionellen Schritt vorbereitete. Die Vorgängerregierung wurde nach Kräften beschimpft, aus ihrer angeblichen Diskreditierung leitete man die Notwendigkeit einer radikalen Reform ab. Als „Retter“ der ungarischen Filmbranche trat nun der amerikanische Produzent Andy G. Vajna auf den Plan, ein Ungar, der sich in den USA mit Filmen von Sylvester Stallone, Bruce Willis, Arnold Schwarzenegger und anderen einen Namen gemacht hatte.15 2010 erhielt wurde er „Regierungskommissar für die Erneuerung des ungarischen Films“. Neben den verleumderischen Korruptionsvorwürfen gegen die öffentliche Stiftung kam an diesem Punkt auch das Motiv des Neuanfangs ins Spiel: Bis jetzt sei alles schlecht gewesen, erklärte der damalige Staatssekretär Géza Szőcs in einer Rede bei einer Versammlung der Filmemacher Ende 2010, „nun bauen wir eine neue Welt auf“.16Begonnen wurde diese „Aufbauleistung“ 2010 mit der buchstäblichen Zerstörung der ungarischen Filmszene: Alle staatliche Finanzierung wurde eingestellt, bereits begonnene Projekte auf Eis gelegt. Nach dem Amtsantritt Vajnas wurden mehr als zwei Jahre lang keine Spielfilme gedreht. Der frisch gegründete Nationale Filmfonds erhielt weiterhin die im Budget festgelegte Summe, die aber nicht ausgegeben wurde. Erst nach einer Pause von rund drei Jahren begann der Filmfonds die Fördergelder wieder zu verteilen – allerdings in völlig intransparenter Weise. Ein gewisser Vorteil des Systems Vajna ist allenfalls, dass der Regierungskommissar über so viel Geld verfügt, dass er nicht darauf angewiesen ist, ausschließlich Propagandafilme des Regimes zu finanzieren – ab und zu werden auch Projekte gefördert, die nicht von Fidesz -Propagandisten stammen.17

Immerhin werden mittlerweile wieder etwa 20 Spielfilme pro Jahr gedreht (vor 2010 waren es etwa 25). Der ungarische Film hat jährlich etwa eine Million Zuschauer. Dies wird als Erfolg gefeiert. Unerwähnt bleibt, dass derselbe Stand bereits 2008 worden erreicht war. Die Mehrheit der Filmemacher leistete wenig Widerstand gegen das neue System, denn im Unterschied zur Literatur ist der Film abhängig von umfangreicher Finanzierung. Die vormals gut organisierte Filmbranche, die ihre Interessen einst effektiv vertreten konnte, sei mittlerweile völlig zerfallen, erklärte einer der erfolgreichsten Regisseure der Generation der Vierzigjährigen, György Pálfi. An der Staatsmacht und an Vajna komme niemand vorbei.18

Gremien: unterwandert oder kaltgestellt

Film und Theater blieben nicht die einzigen kulturellen Bereiche, die der Fidesz  ins Visier nahm, der Angriff war tatsächlich „total“. Umstrukturiert wurde kurz nach dem Machtantritt Orbáns beispielsweise auch der Nationale Kulturfonds, ein ursprünglich autonomes Gremium, das über die Verteilung von Fördergeldern an alle kulturellen Bereiche entschied. Ein großer Vorteil dieses Kulturfonds hatte eben darin bestanden, dass er unabhängig von der jeweiligen Regierung war. Orbán jedoch unterstellte den Fonds einem Minister und einem Staatssekretär, die nunmehr die Beschlüsse der für die einzelnen Fachbereiche zuständigen Kollegien revidieren durften. Im Sommer 2010 wurden auch die Mitglieder der für das Verlagswesen zuständigen Kuratorien im Nationalen Kulturfonds durch neue ausgetauscht, die dem Fidesz  nahestanden. Der Vorgang mutet paradox an: Der Staat schafft einen Fonds, der die Aufgabe hat, nicht nur Geld an bestimmte Projekte zu verteilen, sondern auch dafür zu sorgen, dass die Entscheidung über diese Verteilung von kompetenten Vertretern getroffen wird. Dann aber greift der Staat in die Arbeit desselben Fonds ein, um sicherzustellen, dass eben diese kompetenten, gewählten Experten nicht  demokratisch über das zur Verfügung stehende Geld entscheiden.

Die Kuratorien wurden also zerschlagen, an die Spitze des Kulturfonds wurde der Fidesz – Kulturpolitiker László L. Simon gesetzt, und fortan entschied die Politik, wem das Recht erteilt wurde, Mitglieder in die Kuratorien zu delegieren, und wem nicht. Bald hatten Vertreter diverser Organisationen, von denen man früher nie gehört hatte – die meisten von ihnen Fidesz -Sympathisanten – die Mehrheit in den Gremien. In der Folge wurden beispielsweise mehrere wichtige Zeitschriften nicht mehr gefördert und mussten ihr Erscheinen einstellen, sofern sie nicht, in der Hoffnung auf bessere Zeiten, unbezahltweiterarbeiteten. Nach Aussage des Literaturhistorikers, Redakteurs und Autors József Tamás Reményi, der für kurze Zeit Mitarbeiter des Kuratoriums für Buchförderung war, stellte sich schnell heraus, dass die Delegierten der von der Regierung eingeladenen Organisationen wie Marionetten agierten, als gehorsame Teile einer Abstimmungsmaschine. Reményi trat aus dem Gremium wieder aus und begründete seine Entscheidung öffentlich. Im Sommer 2017 veröffentlichte er einen weiteren Protestbrief gegen die Perfidie der neuen staatlichen Literaturförderungspraxis und appellierte an das Gewissen seiner Kollegen, an diesem schmutzigen und unmoralischen Spiel nicht teilzunehmen, das nur der Schaffung einer kulturellen Prätorianergarde für die politische Führung diene.19

Doch die staatlichen Eingriffe im Bereich der Literatur beschränken sich nicht allein auf Mittelkürzungen. Zu den „positiven“ Interventionen der Orbán-Regierung zählt etwa die 2012 ins Leben gerufene staatlich finanzierte Buchreihe Nemzeti Könyvtár (Nationale Bibliothek), in der Seite an Seite klassische Werke der ungarischen Literatur und Bücher mit antisemitischem und faschistischem Gedankengut erscheinen. Geleitet wird das Programm von dem bereits erwähnten Imre Kerényi. Hier wie auch im Bildungswesen ist das Ziel die Modifizierung des literarischen Kanons: An ungarischen Schulen werden neuerdings Werke von Schriftstellern wie Albert Wass gelesen, um dessen Lebenswerk das Regime einen regelrechten Kult betreibt, oder von József Nyírő, eines Propagandisten und Anhänger des Pfeilkreuzler-Regimes.

Spielfeld Erinnerungspolitik

Die Orbánsche Erinnerungspolitik, die im Wesentlichen auf Geschichtsfälschung, auf dem sukzessiven Umkrempeln des nationalen Pantheons und der Pflege eines ungarischen Opfermythos aufbaut, lässt sich hier allenfalls punktuell darstellen. Schuldzuweisungen gibt es zurzeit vor allem an die Adresse der Deutschen, die die unschuldigen Ungarn in den Zweiten Weltkrieg gezwungen hätten. Da Russland und die Türkei momentan angeblich Ungarns Freunde sind, ist es nicht opportun, sie anzugreifen. Das 2014 gebaute Mahnmal für die Opfer der deutschen Besatzung auf dem Budapester Freiheitsplatz verkörpert diesen geschichtspolitischen Kurs sehr anschaulich: Das Mahnmal stellt einen deutschen Reichsadler dar, der den Erzengel Gabriel angreift, das traditionelle Symbol Ungarns. Die Bedeutung dieses Bilds ist klar: Der ungarische Staat – der letzte Verbündete Deutschlands – sei für das, was zwischen Oktober 1944 und April 1945 auf ungarischem Boden passierte, darunter auch für die Deportation und anschließende Ermordung der ungarischen Juden, nicht oder nur teilweise verantwortlich. Dies ist eine Geschichtsfälschung ohnegleichen. Hinter dem Mahnmal, auf den Treppen der reformiertenKirche steht eine Statue von Admiral Horthy – eines von vielen Horthy-Denkmälern im Land.

 2016 sollte auf Initiative der Stadtverwaltung von Székesfehérvár und mit der finanziellen Unterstützung der amtierenden Regierung auch Bálint Hóman, ein Minister der Pfeilkreuzler-Regierung von Ferenc Szálasi, der 1946 vom ungarischen Volksgerichtshof wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, mit einem Denkmal geehrt werden; erst nach Protest der US-Regierung wurde die Einweihungsfeier abgesagt. Schaut man sich den Kossuth tér, den großen Platz vor dem Parlament an, so stellt man fest, dass er ganz anders aussieht als noch vor einigen Jahren. Viele der alten Statuen sind bei der Umgestaltung des Platzes in den Jahren 2013 und 2014 verschwunden; an ihrer Stelle stehen neue bzw. noch ältere: Der Platz ist jetzt wieder so gestaltet wie im Jahr 1944. Abmontiert wurde die Statue von Mihály Károlyi, dem progressiven Politiker und ersten Staatschef der 1918 gegründeten, kurzlebigen ungarischen Republik, die an der Nordseite des Parlaments stand. Auch das George-Lukács-Denkmal steht nicht mehr im Szent-István-Park. Nicht nur das Standbild ist verschwunden: Das der Akademie der Wissenschaften angegliederte Lukács-Archiv, das seinen Sitz in der ehemaligen Wohnung des 1971 verstorbenen Philosophen hatte, wurde 2017 aufgelöst, die Mitarbeiter entlassen.Dasselbe Schicksal ereilte eine der wichtigsten Institutionen der zeitgeschichtlichen Forschungen, das Institut für die Erforschung der ungarischen Revolution von 1956 (allgemein bekannt als „56er Institut“): Es wurde 2012 abgeschafft und in die Nationalbibliothek eingegliedert.

Auf der anderen Seite wurden parallel zu den Forschungsinstituten der Akademie der Wissenschaften neue wissenschaftliche Strukturen geschaffen. 2013 gründete die Orbán-Regierung das Geschichtsinstitut Veritas , dessen Leiter Sándor Szakály beispielsweise das 1938 erlassene erste „Judengesetz“ nicht als Entrechtung interpretiert, sondern lediglich als Einschränkung der Rechte von Juden, mit der gleichzeitig eine Erweiterung derMöglichkeiten von Nicht-Juden einhergegangen sei.20Ein anderes von der Regierung ins Leben gerufene Institut ist das unklaren Zielen dienende „Forschungsinstitut für Sprachstrategie“ (Magyar Nyelvstratégiai Intézetet). Seit 2012 existiert zudem das „Institut für die Erforschung der nationalen Strategie“ (Nemzetstratégiai Kutatóintézet), deren wichtigste wissenschaftliche Erkenntnis darin besteht, dass der größte Ungar der Geschichte Viktor Orbán heißt.21

 Diese Beispiele zeigen, dass der angekündigte „Totalangriff“ das „Spielfeld“ der Kultur bereits weitgehend aufgerollt hat. Zugleich weisen Orbáns Herrschaftsmethoden eine wachsende Ähnlichkeit mit der Handlung von Alfred Jarrys König Ubu  auf. Doch worüber man sich im Theater köstlich amüsiert, ist in Ungarn seit 2010 zu einer bedrückenden und zunehmend auch öden Realität geworden. Das von Orbán inszenierte absurde Trauerspiel wird in den Köpfen tiefe Spuren hinterlassen. Die Ungarn sind ein zähes Volk, das lange Perioden von Invasion und Besatzung überlebt hat, und die Herrschaft Orbáns wird nicht ewig währen – doch es wird lange dauern, bis sein Erbe überwunden ist.

Die 1952 geborene Professorin der Budapester Péter-Pázmány-Universität ist außerdem Direktorin des Instituts für Geschichte des 20. und 21. Jahrhunderts und gilt als eine der einflussreichsten Personen in Orbáns Umkreis.

András Bozóki: Családi tűzfészek, in: Magyar Polip, a posztkommunista maffiaállam. Budapest 2013, S. 346–367. - Als „Kulturkampf“ bezeichnet man in Ungarn den Kampf um die kulturelle Deutungshoheit; der historische Begriff des Kulturkampfs als Konflikt zwischen Staat und Kirche schwingt allerdings im Hintergrund mit.

Das Bürgerpicknick ist ein alljährliches informelles Treffen des Fidesz in einem kleinen Dorf unweit des Balaton. Traditionell formuliert Orbán hier (sowie an der Sommeruniversität im siebenbürgischen Bálványos) vor „handverlesenen“ Zuhörern seine großen Visionen über die bevorstehenden Schlachten mit der EU und die Zukunft Ungarns, Europas, der Erde und des Universums. In seiner Rede sprach Orbán u.a. über „die spezifisch ungarische Qualität des Daseins, nämlich dass wir Ungarn die Welt anders verstehen als andere, und dass wir diese Qualität bewahren sollten. Ungarn muss ein Land der Ungarn bleiben!“ Er attackierte die wirtschaftliche und kulturelle Elite und kündigte die Schaffung eines vom Fidesz beherrschten „zentralen Kraftfeldes“ (centrális erőtér) an, d.h. das Ende der politischen Polarität und den Beginn einer neuen Epoche, siehe etwa: Orbán Kötcsén: a Fideszben munkát osztogatnak, és nem pozíciókat. Népszabadság, 6.9.2009, <http://nol.hu/belfold/orban_kotcsen__a_fideszben_munkat_osztogatnak__es_nem_poziciokat-348212>.

Die Bereiche Literatur und Kunst waren 1949 aus der Arbeit der Akademie der Wissenschaften ausgeschlossen worden, die Szechenyi-Akademie sollte sie wieder eingliedern. Beide Akademiensind nicht mit der unter ähnlichem Namen bekannten Kunsthochschule zu verwechseln, der Ungarischen Akademie der Bildenden Künste (Magyar Képzőművészeti Egyetem).

Tiltakoznak az alaptörvény 2.0 miatt – külföldi vezető értelmiségiek nyílt levele. hvg.hu, 6.5.2013. Siehe auch <index.hu/kultur/2013/05/06/nemzetkozi_tiltakozas_a_muveszeti_akademia_ellen> – Betrifft: Freiheit der Kunst. Neuer Protestaufruf gegen antidemokratische Entwicklungen in Ungarn. Nachtkritik.de, 27.4.2013.

<http://nol.hu/belfold/konrad_gyorgy_medveczky_adam_szerint_sem_magyar-1359333>.

Zitiert nach Bozóki, Családi tűzfészek [Fn. 3], S. 354.

Fekete György nem mondott le, hiába kérték. hvg.hu, 29.1.2013, <http://hvg.hu/kultura/20130129_Fekete_Gyorgy_lemondott_az_MMA_elerol_NE>.

Zitiert nach Bozóki, Családi tűzfészek [Fn. 3], S. 353. – Sakral aufgeladene „geheiligte Orte“ spielen allgemein eine wichtige Rolle in Orbáns Symbolpolitik.

Zitiert nach Mária Vásárhelyi: A jövő elkezdődött? In: dies.: Méltóság és szabadság. Budapest 2013, S. 179–180.

Imre Kerényi: Offener Brief an Tamás Ascher, in: Magyar Nemzet, 2.7.2007. Kerényis Persönlichkeit und Werdegang sind typisch für Orbáns geistiges Umfeld. Der ehemalige Regisseur und Theaterdirektor war glühender Kommunist, Parteisekretär der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei, bei den ersten freien Wahlen 1990 kandidierte er für die rechtskonservative Partei MDF, kam aber nicht ins Parlament. Für einige Jahre fand er eine politische Heimat bei den Linksliberalen, dann beim Fidesz. Kerenyis erste Aufgabe als Sonderbeauftragter für die Fundierung des nationalen Rechtsbewusstseins (der offizielle Titel lautet „Beauftragter des Ministerpräsidenten für Aufgaben in Zusammenhang mit der Begründung eines bewussten nationalen öffentlichen Rechtsdenkens und im Anschluss daran die Wahrung und Förderung der ungarischen kulturellen Werte“) war die Popularisierung des neuen Grundgesetzes; 2012 begründete er die Buchreihe Nemzeti Könyvtár, 2014 die Propagandazeitschrift Magyar Krónika. Ähnliche absurd anmutende Funktionen wurden auch anderen Orbán-Günstlingen übertragen, der Musikwissenschaftler András Batta wurde „Regierungsbeauftragter für die Koordinierung der Ausgestaltung und Durchführung der einheitlichen Konzeption der E-Musik“.

Siehe Vásárhelyi, Méltóság [Fn. 10], S. 181.

Ebd., S. 182.

Diese Attacke war gewissermaßen eine Generalprobe für die bald folgende Abrechnung mit den unbequemen Philosophen Ágnes Heller, Sándor Radnóti und anderen: 2011 leiteten die neuen Machthaber eine Untersuchung gegen prominente Philosophen ein, denen die Vorgängerregierung umfangreiche Forschungsstipendien gewährt hatte. Ihnen wurde vorgeworfen, dass sie diese Summen veruntreut hätten. Die Anschuldigungen erwiesen sich als völlig aus der Luft gegriffen, sie boten Orbáns Partei jedoch eine Gelegenheit, eine Kampagne gegen wichtige Wissenschaftler zu führen.

Der 1944 geborene Vajna verließ Ungarn 1956. Er machte Karriere in Hollywood, 1989 ging er zurück nach Ungarn, wo er binnen kurzem zu Viktor Orbáns engstem Kreis gehörte. Heute besitzt er Casinos in Ungarn, einen kommerziellen Fernsehsender und Printmedien. Er ist ein Diener und Günstling Orbáns und gilt seit dem Ankauf zahlreicher Regionalzeitungen sowie des Fernsehsenders TV2 als einer der wichtigsten Propagandisten des Regimes.

So berichtete der bei der Versammlung anwesende Filmkritiker György Baron, Professor an der Budapester Universität für Theater- und Filmkunst und Vertreter der FIPRESCI in Ungarn.

Ein sprechendes Beispiel hierfür ist die Begebenheit, von der die grande dame des ungarischen Films, die 86-jährige Regisseurin Márta Mészáros am 10.10.2017 in einem Interview für den Fernsehsender Hír TV berichtete: Nachdem sie Förderung für ihr Projekt „Aurora borealis“ beantragt hatte, sei sie von Andrew Vajna telefonisch in eines seiner Restaurants bestellt worden, wo er gerade im Freundeskreis speiste. Vajna habe sie antichambrieren lassen, sei dann in den Empfangsraum gekommen und habe gefragt: „Wieviel brauchst du?“ Die Regisseurin nannte eine Summe, Vajna nickte und ging zurück zu seinem Tisch.

Alinda vendége: Pálfi György. Hír.tv, 14.11.2017.

Élet és Irodalom, 21.7.2017. Insbesondere erwähnt Reményi die lokale Schriftstellerakademie „Előretolt Helyőrség“ (dt. „Vorposten“), die von einer im Karpatenbecken ansässigen privaten GmbH zur Talentförderung betrieben werde: Diese „Akademie“ sei nur dadurch in eine privilegierte Lage geraten, dass anderen Einrichtungen – Redaktionen, Verlagen usw. – jede Förderung gestrichen worden sei und diese dadurch ausbluteten.

So Sándor Szakály in einem Interview im Juni 2016, <https://hu.budapestbeacon.com/kiemeltcikkek/numerus-clausust-nem-tartom-jogfoszto-torvenynek-interju-szakaly-sandorral>.

So das Ergebnis einer Umfrage, die, so der Leiter des Instituts, „im Kreise der ungarischen Gesellschaft durchgeführt“ wurde. Auf Orbán (18 %) folgten die Nationalhelden Lajos Kossuth (15,5 %) und István Széchenyi (12 %).

Published 3 September 2018
Original in German
First published by Osteuropa 3–5/2018

Contributed by Osteuropa © László J. Győri / Osteuropa / Eurozine

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