Economic pressures combined with growing climate impacts mean that the next five years will be crucial for the European Green Deal. But with gains for the right in the European Parliament and growing pushback against environmental policies, how can Europe maintain its climate goals?
Ein unheimlicher Garant
Zu den nächsten Parlamentswahlen in Italien tritt Silvio Berlusconi, Chef der Forza Italia und einflußreiches Mitglied der Europäischen Volkspartei, mit einer Koalition an, der, außer einigen kleinen Parteien katholischer Provenienz, die Alleanza Nazionale, die Lega Nord und vielleicht – trotz gegenteiliger Versicherungen kürzlich – in der letzten Phase des Wahlkampfes auch das Movimento Sociale/Fiamma Tricolore angehören werden. Gianfranco Finis Alleanza Nazionale geht direkt auf die neofaschistische Partei Movimento Sociale Italiano zurück, die unmittelbar nach dem Krieg von den Anhängern des letzten Mussolini-Staates gegründet wurde. Lega Nord ist die politische Bewegung von Umberto Bossi, der bis vor einigen Jahren auf den Plätzen Norditaliens die Abtrennung “Padaniens” vom Rest des Staatsgebietes predigte. Pino Rautis Movimento Sociale Italiano verkörpert den radikalen, zu keinerlei Kompromissen bereiten Flügel des Faschismus. Sollte Berlusconi die Wahlen gewinnen und wie schon 1994 das Amt des italienischen Ministerpräsidenten übernehmen, wird er Gianfranco Fini zu seinem Vize ernennen und der Lega wahrscheinlich drei oder vier Ministerien überlassen. Rautis Partei wird hingegen nicht in der Regierung vertreten sein, dafür wird man ihr wohl ein paar politische Zückerchen geben.
Aus diesen drei Parteien setzt sich Italiens Rechte zusammen, die, auf den ersten Blick, stärker ins Gewicht zu fallen scheint als andere europäische postfaschistische oder populistische Gruppierungen wie die Parteien von Jean-Marie Le Pen und Bruno Mégret in Frankreich, die Freiheitlichen von Jörg Haider in Österreich, der Vlams Block von Felip Dewinter in Belgien und die Fortschrittspartei von Carl J. Hagen in Norwegen. Vor einigen Monaten sagte der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder, daß ein Sieg Silvio Berlusconis, unter den gegebenen Umständen, die europäischen Partner Italiens beunruhigen würde. Später erklärte er aber in einem Interview mit dem “Corriere della Sera”, daß “Deutschland die Entscheidung der italienischen Wähler akzeptieren wird”. Das ist eine auf der Hand liegende, politisch korrekte Antwort. Trotzdem wird die allfällige Bildung einer Regierung Berlusconi einige Fragen aufwerfen und für viel Polemik sorgen. Muß Europa sich wirklich Sorgen machen? Vielleicht kann man diese Frage am besten beantworten, wenn man kurz Charakter, Ursprung und Entwicklung der beiden größten Rechtsparteien umreißt, die bei einem Sieg an der nächsten Regierung Berlusconi beteiligt sein werden.
In Deutschland verhinderten die demokratischen Regierungen nach dem Zweiten Weltkrieg die Neugründung einer faschistischen Partei. Nicht so in Italien. Mussolini hatte das Land während 21 Jahren regiert, er hatte gewisse Bestrebungen erkannt und zeitweise außergewöhnliche Zustimmung erlangt. Darüber hinaus war die Repubblica Sociale, zu deren Gründung er sich nach dem Waffenstillstand mit den Alliierten vom September 1943 entschloß, für einige hunderttausend Italiener ein “Entscheid für die militärische Ehre”, während sie das Verhalten des Königs und des Marschalls Badoglio als Verschlagenheit beurteilten. Das Movimento Sociale Italiano zu verbieten hätte eine unnötige Gefahr heraufbeschworen. Die demokratischen Parteien zogen es vor, den Neofaschisten ein Haus zu lassen, um sie auf diese Weise leichter kontrollieren oder gar in ihr Kalkül einbeziehen zu können. Von ihrer Gründung bis zu den Wahlen von 1994 vereinigte die neofaschistische Partei Movimento Sociale Italiano auf dem Höhepunkt ihres politischen Erfolgs sieben Prozent der italienischen Wähler hinter sich.
Eine Veränderung brachte das neue Wahlgesetz, das 1993 nach dem Tangentopoli-Skandal und dem Zerfall einiger Parteien (Christlichdemokraten, Sozialisten, Sozialdemokraten, Republikaner, Liberale) angenommen wurde. Es sieht vor, daß drei Viertel des Parlaments in Einerwahlkreisen gewählt werden. Um den Triumph der Linken, insbesondere des PDS (Partito Democratico della Sinistra, Nachfolgeorganisation der Kommunistischen Partei), abzublocken, bot Berlusconi dem Movimento Sociale die Chance an, aus dem Ghetto hinauszutreten und damit das bisherige triste Mauerblümchendasein aufzugeben. Fini packte die Gelegenheit beim Schopf, änderte den Namen seiner Partei, nahm unterwegs neue Verbündete mit und begann einen langen demokratischen Marsch, der mit den Parteitagen von Fiuggi und Verona endete. Am Parteitag von Fiuggi verweigerten die Radikalen Pino Rautis die Gefolgschaft. Die Spaltung war der notwendige Preis, um der öffentlichen Meinung zu beweisen, daß die missini, wie sie im italienischen Politjargon heißen, demokratische und verläßliche Partner geworden sind. Seither ist Alleanza Nazionale eine gemäßigt nationalistische und gemäßigt soziale Partei, in der Fini, mit einer gewissen Geschicklichkeit, die populistischen Ausfälle einiger Mitglieder kontrolliert und bremst.
In der Lega Nord vereinten sich in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre verschiedene Autonomiebewegungen der Nordprovinzen. Wie andere europäische Parteien auch ist Lega Nord die politische Heimat der Mittelklasse, die sich gegen die “Übergriffe” des Zentralstaates, gegen die “Oppression” der Bürokratie und gegen die Steuerlast des Sozialstaates auflehnt. In Italien drückt die Partei insbesondere die Unzufriedenheit des Nordens gegenüber einem Staat aus, dem es nicht gelungen ist, die Entwicklung des Südens in Schwung zu bringen. Der Lega-Chef Umberto Bossi ist ein schlauer, intelligenter Tribun, der sich zudem auf gefährliche Akrobatik versteht. 1994 war er mit Berlusconi verbündet, kehrte ihm aber Ende des Jahres den Rücken und flirtete in den folgenden Jahren lange mit der Linken. Und er ist bereit, falls nötig, auch die weniger zivilen Seiten seiner Wähler zu nutzen. Zu den schlimmsten Kapiteln in der Geschichte der Lega zählen die gegen den Süden gerichteten Slogans Anfang der neunziger Jahre und immer wiederkehrende fremdenfeindliche Kampagnen. Bossis Verdienst ist es aber, die Politiker in den neunziger Jahren gezwungen zu haben, das Problem der Umwandlung des italienischen Staates in eine Föderation anzugehen.
Das also sind Berlusconis Verbündete. Der Chef von Forza Italia kann, nicht grundlos, behaupten, daß er sie zur Verwässerung ihrer ursprünglichen Programme gezwungen und damit einen Beitrag zur Festigung der italienischen Demokratie geleistet hat. Mit anderen Worten präsentiert er sich dem Land als Garant für die Verläßlichkeit seiner Partner. Erst die Wahlen im Frühjahr 2001 werden zeigen, wie viele Italiener bereit sind, ihm Glauben zu schenken.
Published 20 December 2000
Original in Italian
Translated by
Pia Todorovic-Strähl
First published by Du
Contributed by Du © Sergio Romano / Pia Todorovic-Strähl / Du / Eurozine
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