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2012-05-29
Heftbeschreibung Blätter 06/2012
Analysen und Alternativen
Paul Krugman
Wir sparen uns zu Tode
Noch immer kämpfen die Vereinigten Staaten und Europa mit den Folgen
der weltweiten Finanzkrise, scheinen Politiker und Ökonomen keine
Strategie zu ihrer Überwindung zu besitzen. Paul Krugman, Wirtschaftsnobelpreisträger
und Professor an der Princeton University, plädiert für die
Anwendung längst bekannter wirtschaftlicher Prinzipien. Im Geiste Keynes
fordert er mehr staatliche Investitionen und ein Ende der Sparpolitik.
Niko Paech
Das Elend der Konsumwirtschaft. Von Rio+20 zur Postwachstumsgesellschaft
20 Jahre nach der epochalen UN-Klima-Konferenz in Rio de Janeiro findet
dort Ende Juni ein neues Großereignis statt: Rio+20. Doch anders als damals
sind die Erwartungen an die Nachfolgekonferenz gering. Niko Paech, Professor
für Produktion und Umwelt in Oldenburg, resümiert den langen Weg
vom Aufbruch zur Enttäuschung. Statt einer Green Economy fordert er die
radikale Veränderung der Produktions- und Konsumtionsverhältnisse.
Eva Senghaas-Knobloch
Mitgefühl als Ware. Die Ökonomisierung der Fürsorge
Das 1992 vereinbarte Konzept der nachhaltigen Entwicklung umfasst
neben der ökologischen auch die soziale Dimension. Eva Senghaas-Knobloch,
Professorin für Arbeitswissenschaft in Bremen, geht dieser Forderung
anhand der zumeist von Frauen ausgeübten Fürsorgearbeit auf den Grund.
Ihr Befund: Pflegende Tätigkeiten werden immer mehr ökonomisiert, aus
unentgeltlicher familiär-häuslicher Sorge wird unpersönliche Lohnarbeit.
Thilo Bode und Katja Pink
Geburtstagsparty im Kanzleramt. Josef Ackermann oder: Der zähe Abschied vom Amtsgeheimnis.
Die Grenze zwischen politischen und ökonomischen Interessen ist fließend.
Selten wurde dies so deutlich wie beim Empfang der Bundeskanzlerin zum
60. Geburtstag von Josef Ackermann. Thilo Bode, Gründer der Verbraucherorganisation
foodwatch, und die Rechtsanwältin Katja Pink analysieren
das Geflecht. Sie plädieren für mehr Transparenz, um den Einfluss der
mächtigen Lobbygruppen endlich in rechtlich geregelte Bahnen zu lenken.
Nicola Liebert, Rainald Ötsch und Axel Troost
Der graue Markt der Schattenbanken
Die internationale Finanzkrise hat die Diskussion um eine stärkere Regulierung
der Bankenwirtschaft auf die politische Agenda befördert. Insbesondere
die sogenannten Schattenbanken können bisher fast ohne staatliche
Kontrolle agieren. Die Wirtschaftsexperten Nicola Liebert, Rainald Ötsch
und Axel Troost untersuchen die Verflechtung von Banken und Fonds. Sie
plädieren für staatliche Regulierung -- und warnen vor einer neuerlichen
Spekulationsblase.
Andrew Bacevich
Der American Way of War. Von der Befreiung über die Befriedung zur gezielten Tötung
Über ein Jahrzehnt dauert bereits der "Antiterror-Weltkrieg", doch eine
Verbesserung der Lage speziell in Afghanistan ist längst nicht in Sicht.
Andrew Bacevich, Geschichtsprofessor an der Boston University, analysiert
die drei Stufen des Krieges. Sein trauriges Fazit: Erfolge sind nicht zu verzeichnen,
im Gegenteil: Der Krieg gegen den Terror wird zunehmend irregulär
und völkerrechtswidrig.
Sari Nusseibeh
Palästina denken ohne Staat. Plädoyer für ein Leben in bürgerlicher Würde
Im israelisch-palästinensischen Konflikt werden seit Jahren verschiedenste
Lösungsansätze vorgebracht und wieder verworfen. Die Diskussionen
drehen sich dabei zumeist um die Gretchenfrage "Ein- oder Zwei-Staaten-
Lösung?" Sari Nusseibeh, palästinensischer Philosoph und Präsident
der Al-Quds-Universität in Jerusalem, präsentiert einen neuen, radikalen
Lösungsansatz: Die Palästinenser müssen ihren Traum von einem eigenen
Staat aufgeben -- und ihn gegen bürgerlichen Rechte und eine Verbesserung
ihrer Lebenssituation eintauschen.
Karin Priester
Die Stunde der Entscheidung. Radikale Demokratie im Geiste Carl Schmitts
Nicht erst seit "Occupy" ertönt wieder vermehrt der Ruf nach radikaler,
direkter, ja wahrer Demokratie -- von Slavoj Zizek und Antonio Negri über
Ernesto Laclau und Chantal Mouffe bis hin zu Alain Badiou und Jacques
Rancière. Die Soziologin Karin Priester fördert den Kern dieser Konzepte zu
Tage -- sie findet ihn bei Carl Schmitts antiliberaler Idee vom Primat der Entscheidung anstelle parlamentarischer Debatte.