Merkur
2011-07-01
Heftbeschreibung Merkur 7/2011
Leitmotiv des Juliheftes (Nr. 746) ist die Narratio: Wie erzählt man moderne Geschichte?, fragt Karl Schlögel.Wie erzählt man heute deutsch-jüdische Geschichten?, will Jakob Hessing wissen. Eine sehr deutsche Geschichte des Jahres 1991 erzählt Michael Rutschkys Tagebuch.
Eröffnet wird das Heft mit einem Essay, der die Stadt als Organismus neu durchdenkt: Georg Francks Plädoyer für eine urbane Allmende, einen nachhaltigen Städtebau. Dazu passend Gerwin Zohlens Polemik gegen die ubiquitäre Angeberarchitektur und John Buntins Rezension neuer Bücher über Stadtplanung.
Außerdem Kolumnen über große geschichtliche Transformationen und die Ökologie politischer Bürgerbeteiligung, die kritische Rezension einer monumentalen Nietzsche-Studie, schließlich eine gelehrte Träumerei über die Vorstellungskraft und ein amüsanter Essay über die Notwendigkeit des Sammelns und die Verrücktheit des Sammlers.
Georg Franck
Die urbane Allmende
Zur Herausforderung der Baukultur durch die nachhaltige Stadt
Die charakteristische Siedlungsform unserer Zeit ist die "Zwischenstadt", also die Mischform, die weder Stadt noch Land ist, sondern Einzelbauten locker in die Landschaft streut. Vor fast fünfzig Jahren wurde dies für die "Unwirtlichkeit unserer Städte" verantwortlich gemacht, dennoch sind die Zwischenstädte mit ungebremster Wucht weiter gewachsen. Diese Siedlungsstruktur ist definitiv nicht nachhaltig: Die Agglomeration wird zusammengehalten durch ein exzessives Aufkommen an motorisiertem Individualverkehr. Was ansteht, ist eine Redimensionierung der Städte im Zeichen der "walkable city".
Alle Überlegungen einer nachhaltigen Siedlungsstruktur laufen auf eine kompakte Stadt hinaus, doch wäre es nicht damit getan, hier und da aufzustocken und anzubauen: Mit einer punktuellen Nachverdichtung wäre wohl eher die nächste städtebauliche Katastrophe programmiert. Was ansteht, ist ein gründliches Durchdenken des Organismus, den der Stadtkörper darstellt.