Herfried MünklerHerfried Münkler / MerkurEurozineMerkurMerkur 3/20112011-03-09Über NachbarschaftDer Nutzen und Nachteil von Partnerschaft, Mitgliedschaft und FreundschaftWenn man sich zu nahe kommt, läuft man Gefahr, miteinander in Konflikt zu geraten. Distanz zu wahren ist also oftmals ein Zeichen von Klugheit -- nicht bloß im Privaten, sondern auch in der Politik. Wer Abstand hält, verringert die Reibungs- und Konfliktflächen, die dadurch entstehen, dass es zu viele Berührungspunkte gibt. Wo es weniger Berührungspunkte gibt, gibt es auch weniger Reibungsflächen. Distanz kann hilfreich sein. Aber gelegentlich ist es auch sinnvoll und nützlich, die Distanz zu verringern und einander näher zu kommen. Eine durch Distanzminderung, durch Nähe hergestellte Gruppenbildung verschafft Stärke und Sicherheit gegenüber Konkurrenten und Feinden. Man rückt zusammen, weil man im Verbund weniger Angriffsflächen bietet.In politischer Hinsicht zumindest kann man über Partnerschaft und Freundschaft kaum sinnvoll reden, ohne die Gegenbegriffe der strategischen Konkurrenz und politischen Feindschaft mit in die Überlegungen einzubeziehen. Je konkreter die Bedrohung durch Feinde, desto dringlicher wird die Suche nach Freunden. Wo der Feind vor der Tür steht, sucht man bloße Partnerschaft in verbindliche Freundschaft zu verwandeln. In der Politik ist Nachbarschaft auf die Entscheidung zwischen Freundschaft und Feindschaft hin angelegt. Weder sind Nachbarn eo ipso Freunde, noch ist es zwingend, dass sie sich als Feinde betrachten. Nachbarschaft kann sich in beide Richtungen entwickeln. Aber man muss sich entscheiden, was man will, gute Nachbarschaft oder notorischen Zwist, und wenn man sich um diese Entscheidung drückt, dann führt die Dynamik nachbarschaftlicher Beziehungen diese Entscheidung von selbst herbei.Indifferenz unter Nachbarn mag in großen Wohnanlagen möglich sein. In der Politik hingegen ist es eher ein Zustand des Übergangs als eine dauerhaft stabile Konstellation. Politische Nachbarschaft, die nicht in Partnerschaft der einen oder anderen Form verwandelt wird, steht in Gefahr, in Feindschaft umzuschlagen. Dafür sorgt schon der "Narzissmus der kleinen Differenzen", wie Sigmund Freud das Bedürfnis nach Betonung der Unterschiede gerade zwischen denen genannt hat, die einander sehr nahe und sehr ähnlich sind, wie dies bei Nachbarn der Fall ist. Also sorgt das Streben nach Identität dafür, dass die kleinen Unterschiede mit Bedeutsamkeit aufgeladen werden.Im Sinne des allgemeinen Komplementaritätstheorems gilt, dass man sich eine die Differenzen zum Nachbarn betonende Identität umso mehr leisten kann, je stärker die Gemeinsamkeiten gepflegt werden, die beide Nachbarn miteinander verbinden. Die Ähnlichkeit von Nachbarn ist auch darum prekär, weil sie aufgrund der Ähnlichkeiten fürchten müssen, verwechselt zu werden. Also übertreiben sie die Unterschiede, um alle Ähnlichkeit zu verwischen. Das kann leicht zu Konflikten führen. Wo hingegen Ähnlichkeit in Identität und Alterität geschieden ist, sind die Verhältnisse klar. In diesem Sinne lässt sich festhalten: Eine institutionell gesicherte Partnerschaft kann Perioden der Identitätssuche, wie sie in den Entwicklungskrisen bei Individuen wie politischen Kollektiven periodisch auftreten, aushalten und absichern; wo solche verlässlichen Institutionen der Partnerschaft aber fehlen, schlagen Identitätskrisen schnell in Feindschaft um, zumal in Feindschaft gegen jene, die aufgrund ihrer Nähe und Ähnlichkeit die eigene Identität sehr viel stärker in Frage stellen als die Fernen und Unähnlichen. Nachbarschaft ist darum eine heikle Angelegenheit, die man nicht sich selbst überlassen sollte. Nachbarschaft will gehegt und gepflegt werden. Bloße Nachbarschaft ist ein sozial wie politisch gefährlicher Schwebezustand.Das heißt freilich nicht, dass jede Form von Nachbarschaft sogleich in Partnerschaft oder gar Freundschaft überführt werden soll. Zunächst nämlich ist nach dem jeweiligen Nutzen und Nachteil von Nähe und Distanz zu fragen. Eine alte, von den Sozialisten häufig verwandte Formel für den prinzipiellen Vorzug der Nähe gegenüber der Distanz lautet: Einen Finger kann man brechen, eine Faust nicht! Das ist sicherlich übertrieben. Auch Fäuste können brechen, freilich nicht so leicht und so schnell wie Finger. So ist in der Symbolsprache des Sozialismus die geballte Faust zum Inbegriff der Stärke, der Einigkeit und der Geschlossenheit geworden. Wenn die Finger ganz nahe beieinander, gekrümmt und fest geschlossen sind, sind sie weniger verletzlich als bei einer ausgestreckten Hand. Die erhobene Faust ist das Symbol der Kampfbereitschaft, die ausgestreckte Hand dagegen bringt das Angebot von Partnerschaft oder gar Freundschaft symbolisch zum Ausdruck. Sie tut das freilich um den Preis größerer Verletzlichkeit: Sie kann nicht nur ausgeschlagen, sondern auch attackiert, zerquetscht oder gebrochen werden. Intuitiv zieht man bei diesem Gedanken die Faust der ausgestreckten Hand vor.Aber eine durch Geschlossenheit erworbene Stärke geht, um beim Beispiel von Faust und Fingern zu bleiben, auf Kosten der Geschicklichkeit. Es war eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Herausbildung des Homo faber, des Menschen als Gestalter seiner Umwelt, dass aus der Tatze die menschliche Hand geworden ist, dass sich die kurzen, krallenbewehrten Ausbuchtungen zu gelenkigen Fingern weiterentwickelt haben. Das war nur durch den Verzicht auf die Faust als Daseinsform möglich. Der Mensch arbeitet nicht mit geschlossener Faust, sondern mit einer sich öffnenden und schließenden Hand, und er tut das umso besser, je größer die Beweglichkeit seiner Finger ist. Die unmittelbar physische Kampfkraft des Menschen und seiner evolutionsgeschichtlichen Vorläufer hat sich durch die Verwandlung der Tatze in die Hand vermindert, aber die handwerkliche Geschicklichkeit und damit die Fähigkeiten zur Aneignung und Umgestaltung der Natur ist dadurch immens gesteigert worden.Größere Verletzlichkeit ist der Preis gesteigerter Geschicklichkeit. Die Fähigkeit zur Distanznahme kann von Nutzen, der Zwang zur Nähe auf grund unlöslicher Verwachsenheit von Nachteil sein. Oder in der Sprache der Systemtheorie: Die Fähigkeit zur Distanznahme ist die Voraussetzung funktionaler Differenzierung. Wo alles eins beziehungsweise miteinander verwachsen ist, ist funktionale Differenzierung nicht möglich. Nähe und Distanz bilden eine Komplementarität, und wir sollten uns darum davor hüten, eine von beiden normativ auszuzeichnen, um etwa im Zeichen von "political correctness" prinzipiell auf Distanzabbau und Nähebildung zu setzen. Distanz kann ebenso wichtig sein wie Nähe. Eine klug arrangierte Partnerschaft ist bloßer Nachbarschaft auch darum vorzuziehen, weil sie beides ermöglicht: Nähe wie Distanz, ohne durch Letzteres Misstrauen hervorzurufen. Nachbarschaft muss gestaltet werden, und zwar so, dass sie sowohl Nähe als auch Distanz ermöglicht, ohne dadurch in Feindschaft oder Zwang zur Freundschaft umzuschlagen.Arthur Schopenhauer hat dieses dynamische Verhältnis von Nähe und Distanz in dem berühmten Bild von den Stachelschweinen versinnbildlicht: Wenn es kalt ist und die Stachelschweine frieren, rücken sie näher zusammen, um sich gegenseitig zu wärmen; aber sobald sie eine gewisse Nähe zueinander überschreiten, spüren sie, dass sie Stachelschweine sind und sich gegenseitig stechen und verletzen. Also gehen sie durch den Schmerz veranlasst wieder auf Distanz zueinander. Nach einiger Zeit verspüren sie jedoch erneut die Kälte ... Für Schopenhauer ist die Beobachtung dieses Hin und Her zwischen Nähe und Distanz ein Gleichnis für die innergesellschaftlichen Verhältnisse: Rückt man einander zu nahe, so wird dies bedrängend und bald schmerzhaft; geht man auf Distanz zueinander, so bekommt man die soziale Kälte zu spüren.Schopenhauer hat im Bild der Stachelschweine Kants Begriff der "ungeselligen Geselligkeit" der Menschen versinnbildlicht, aber er hat das in der für ihn typischen pessimistischen Variante getan, indem er es in ein endloses Hin und Her eingeschrieben und nicht über eine optimierte Mitte zwischen beidem nachgedacht hat. Er hätte auch, wie Kant dies in seinen verfassungstheoretischen Überlegungen getan hat, institutionelle Arrangements entwickeln können, die den stark Kälteempfindlichen mehr Nähe und den in besonderem Maße Schmerzempfindlichen eine größere Distanz ermöglichen und so den Anforderungen einer liberalen Gesellschaftsordnung entgegenkommen. Was Schopenhauer hingegen herausgestellt hat, war die Vergeblichkeit der Suche nach einem stabilen Verhältnis von Nähe und Distanz. Für ihn bleibt Nachbarschaft ein sozial instabiler Zustand, der rhythmischen Schwankungen unterliegt.Nähe und Distanz, so das Credo der liberalen Gesellschaft, sollten weder politisch festgelegt noch moralisch normiert werden, sondern so weit wie möglich den Präferenzentscheidungen der Einzelnen überlassen bleiben. Es darf keinerlei Zwang zu emotionaler wie physischer Nähe geben. Ob jemand größere Distanz oder mehr Nähe präferiert, ist ihm zu überlassen, und das heißt auch, dass diese Präferenzentscheidung nicht öffentlich kommentiert werden sollte. Dabei ist die zivilgesellschaftliche von der politischen Öffentlichkeit zu unterscheiden. Die Erwartung der Nichtkommentierung indivi dueller Präferenz hinsichtlich Nähe und Distanz gilt vor allem für die politische Öffentlichkeit, während in der Zivilgesellschaft, in der die sozialmoralischen Ressourcen einer Gesellschaft gepflegt und erneuert werden, die Folgen von Nähe und Distanz für den Zusammenhalt der Gesellschaft evaluiert werden. Die dabei im Vordergrund stehende Frage lautet: Wie viel Distanz der Menschen zueinander kann sich eine Gesellschaft erlauben, ohne auseinanderzufallen, und auf wie viel soziale Nähe voraussetzender Gruppenbildung und enger Nachbarschaft ist sie angewiesen, um eine gute Gesellschaft zu sein. Dass es ohne Nähe nicht geht, war während der letzten drei Jahrzehnte das kommunitaristische Monitum an die liberale Gesellschaft.Der Unterschied zwischen zivilgesellschaftlicher und politischer Öffentlichkeit besteht in den jeweiligen Formen, in denen auf das Verhalten der Menschen Einfluss genommen wird: Während in der politischen Öffentlichkeit gesetzliche Regelungen erörtert werden, es letzten Endes also um Zwangsmaßnahmen geht, sind die zivilgesellschaftlichen Instrumente solche argumentativer Überzeugung. Nur so lässt sich ein Höchstmaß an individueller Freiheit, also die Möglichkeit zur Präferierung sozialer Distanz im Sinne egoistischen Einzelgängertums, mit den Erfordernissen einer verlässlichen sozialen Nähe verbinden, um zu jener Mischung von Fürsorglichkeit und Solidarität zu kommen, die den Zusammenhalt einer liberalen Gesellschaft gewährleistet. Neben gesetzlichen Verpflichtungen und geldvermittelten Marktbeziehungen stellt eine so gepflegte Nachbarschaft die dritte Klammer dar, durch die freiheitlich verfasste Gesellschaften zusammengehalten werden. Wie genau das Verhältnis von Freiheitsermöglichung und Solidaritätszumutung beschaffen ist, ist freilich eine Frage der jeweiligen politischen Kultur, und hier weisen die Gesellschaften Europas und Amerikas erhebliche Unterschiede auf.Offenbar muss das Verhältnis von Nähe und Distanz anders beschaffen sein, wenn es sich nicht um innergesellschaftliche Verhältnisse, sondern um die Beziehung zwischen Staaten und Völkern handelt. Hier sind die Spielräume für die Inanspruchnahme von Distanz und die Möglichkeit, sich nach Gutdünken tagtäglich neu zu entscheiden, sehr viel enger als im Binnenraum einer liberalen Gesellschaft. Die Flexibilität, die im Innern von Gesellschaften durch die triadische Regelungsstruktur von gesetzlichen Verpflichtungen, marktförmigen Beziehungen und zivilgesellschaftlichem Engagement ermöglicht wird, ist in den Beziehungen der Staaten und Völker zueinander nicht vorhanden. Zwar lässt sich auch hier zwischen offiziellen politischen Beziehungen und gelebten Kontakten der Menschen unterscheiden, aber in der Regel können sich beide nicht gegeneinander entwickeln, sondern Letzteres ist von Ersterem abhängig. Natürlich kann es zu einer gelebten Nachbarschaft zwischen den Menschen zweier Nationen nur kommen, wenn Reisen und Besuche möglich sind. Gutnachbarschaftliche Beziehungen, die sich allein auf die Deklarationen politischer Eliten begründen, sind nicht viel wert, wenn in der Gesellschaft Unkenntnis und Desinteresse bezüglich des Nachbarn vorherrschen.Die Politik, so lässt sich festhalten, kann sich um die Anbahnung gut nachbarschaftlicher Beziehungen bemühen, aber mit Leben erfüllt werden diese nicht durch die politischen Eliten, sondern durch jene Gruppen der Gesellschaft, die ihre Nachbarn besuchen und sich darum bemühen, diese besser kennen und verstehen zu lernen. In diesem Sinne trägt der Massentourismus trotz aller Verschandelungen, die er hinterlässt, mehr zur Entwicklung nachbarschaftlichen Verstehens und nachbarschaftlicher Sympathie bei als die Männerküsse und Männerfreundschaften der politischen Elite.Selbstverständlich gibt es bei der Pflege nachbarschaftlicher Beziehungen auf der Ebene der Bevölkerungen Freiheitsspielräume, die man für sich in Anspruch nehmen kann. Man kann an Besuchsprogrammen teilnehmen oder Einzelreisen unternehmen, aber man muss das nicht. Man kann auch dort auf Distanz bleiben, wo sich im Laufe der Zeit eine politisch gewollte Nähe entwickelt hat und Distanzen abgebaut worden sind. Vor allem kann man Präferenzen setzen und den einen Nachbarn dem anderen vorziehen. Es mögen politische oder klimatische, lebensweltliche, wirtschaftliche oder schlichtweg kulinarische Gründe sein, aus denen man sich zu dem einen Nachbarland stärker hingezogen fühlt als zu dem anderen -- und nicht selten ist der Grund solcher Präferenzen nur die Unkenntnis der Alternativen. Dagegen ist nichts einzuwenden, denn die Verfügbarmachung von Alternativen kostet Zeit und Geld, und wo die Neugier als Antriebsfaktor nicht genügt, da spricht das Kosten-Nutzen-Argument für das Bekannte und Gewohnte.Auf der politischen Ebene kann man die Herstellung belastbarer Beziehungen zu den Nachbarstaaten jedoch nicht einer kontingenten Präferenzbildung in der Bevölkerung überlassen. Gute Nachbarschaft, so wäre in Variation eines Churchill-Zitats zu sagen, ist zu wichtig, als dass man sie den Tourismusunternehmen und den Vorlieben Einzelner überlassen sollte. Was innergesellschaftlich möglich ist und um der Freiheitsspielräume der Einzelnen ausgehalten werden muss, kann man sich bei den politischen Beziehungen zu den äußeren Nachbarn nicht leisten. Hier ist ein strikteres und formal sehr viel stärker bindendes Regime vonnöten, dessen Fehlen nur notdürftig durch die Sympathie einzelner Politiker füreinander kompensiert werden kann.Damit soll nicht in Abrede gestellt werden, dass bei der Entwicklung der Nachbarschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg die persönlichen Sympathien führender Politiker füreinander -- Adenauer und de Gaulle, Schmidt und Giscard, Kohl und Mitterrand -- eine wichtige Rolle gespielt haben. Und man wird wohl sagen können, dass die Entwicklung der deutsch-polnischen Beziehungen seit der Wiedervereinigung ein wenig darunter gelitten hat, dass es nicht zu vergleichbaren persönlichen Beziehungen zwischen führenden Politikern gekommen ist. Aber solche persönlichen Beziehungen können die Verlässlichkeit und Dauerhaftigkeit institutioneller Beziehungen nicht ersetzen. Sie können sie ermöglichen und befördern, aber nicht an deren Stelle treten.Freundschaft ist gewollt und gesucht; Partnerschaft ist das Ergebnis einer bewussten Entscheidung, bei der man das Für und Wider sorgfältig gegeneinander abgewogen hat; Mitgliedschaft in einer gemeinsamen Organisation entsteht durch einen politischen Prozess, an dem teilzunehmen man sich bewusst entschieden hat. Nachbarschaft von Staaten dagegen ist vorgefunden, sie ist einfach da, und die davon Betroffenen müssen sehen, wie sie damit zurecht kommen. Im Unterschied dazu ist Partnerschaft das Resultat von Investitionen der Beteiligten in den Umgang miteinander. Bloße Nachbarschaft ist eine Aufgabe, die der Bearbeitung harrt, die man nicht einfach sich selbst überlassen kann, wenn die Nähe nicht zum Argen ausschlagen soll. Nachbarschaft ist also zunächst und vor allem aufgegebene Nähe, die nicht durch Distanznahme entschärft oder neutralisiert werden kann.Als Bürger kann man sich aussuchen, ob man einzelne Bürger von Nachbarstaaten kennenlernen, gar besser kennenlernen will oder ob man zu ih- nen auf Distanz bleiben und sie meiden möchte; für Staaten gibt es diese Möglichkeit folgenloser Distanzwahrung nicht. Sobald ein Staat zu seinem Nachbarn auf Distanz bleibt, führt das zu einer Verschlechterung der Beziehungen, und offen zum Ausdruck gebrachte Distanz ist unter den Nähebedingungen von Nachbarschaft, die nicht durch die Mitgliedschaft in gemeinsamen Organisationen abgefedert ist, oft nichts als verborgene Feindseligkeit. Wo Nachbarschaft indifferente Nachbarschaft bleibt, schlägt sie, ehe man es sich versieht, in Feindschaft um. Einen solchen unkontrollierten Umschlag von ungepflegter Nachbarschaft in Feindschaft zu verhindern und dabei eine gewisse Chance zur Distanz zu ermöglichen, ist die Aufgabe von Regionalorganisationen, in denen Nachbarn gemeinsame Mitglieder sind. In Europa hat seit 1975 die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit diese Aufgabe übernommen. Sie moderierte Nachbarschaft unterhalb der Ebene von Partnerschaft, die wiederum in den sich gegenüberstehenden Militärblöcken der Nato und des Warschauer Pakts gepflegt wurde.Freundschaft ist anspruchsvoller und eine höhere Stufe als Mitgliedschaft und Partnerschaft. Freundschaft kommt, wenn man den Begriff in seiner eigentlichen Bedeutung und nicht bloß in seinem abgegriffenen politischen Formelcharakter nimmt, nicht ohne emotionale Komponenten aus, während Partnerschaft und gemeinsame Mitgliedschaft formalisierte Kooperationsbeziehungen bezeichnen, die infolge von Regelungsdichte und Institutionalisierung in höherem Maße enttäuschungsresistent sind als Freundschaft. Von Freundschaft zwischen Nachbarstaaten kann eigentlich nur dann die Rede sein, wenn sie sich nicht auf die politischen Eliten beschränkt, sondern große Teile der Bevölkerung mit einbezieht.Bei Partnerschaft oder gemeinsamer Mitgliedschaft in regionalen Organisationen ist das anders. Beide können sich auf regelmäßige Gespräche und Kooperationsbeziehungen beschränken. Sie sind auch nicht darauf angewiesen, dass in der Bevölkerung eine starke Zuneigung zum Nachbarn vorherrscht. Partnerschaft und Mitgliedschaft sind gegen das politisch kaum zu beherrschende Schwanken der emotionalen Gestimmtheiten bei politischen Eliten wie in der Bevölkerung resistent. Das kann, längerfristig betrachtet, einen erheblichen Vorteil gegenüber einer Politik der Freundschaft darstellen, die von größerer Herzlichkeit, deswegen aber auch von erhöhter Verletzlichkeit ist. Eine gut beratene Politik muss genau überlegen, ob sie robuste Partnerschaftsbeziehungen in eine sehr viel engere Freundschaft verwandeln oder es doch lieber bei der bewährten Partnerschaft belassen will.Partnerschaft bezeichnet ein von Vertrauen getragenes Kooperationsverhältnis zwischen zweien, zu dem vielleicht noch ein Dritter oder Vierter hinzukommen kann, aber nicht mehr, denn dann bildet sich eine eigenständige Organisationsebene heraus, und was als Partnerschaft begonnen hat, verwandelt sich mit der Zeit in Mitgliedschaft. Mitgliedschaft stellt gegen- über Partnerschaft einen Kooperationsdispens dar; durch die Emergenz einer neuen, eigenständigen Kooperationsplattform kommt es weniger darauf an, dass die beiden Akteure ihre Partnerschaft pflegen, sondern sie müssen sich als Mitglieder der Organisation nur an deren formelle Regeln und infor- melle Gepflogenheiten halten, damit der gemeinsame Organisationszweck erreicht wird. Nur wenn die Organisation durch Aufgabenüberlastung, Ressourcenmangel oder infolge starker Veränderungen der Rahmenbedingungen in eine Krise gerät, sind die Mitglieder wieder zu einem besonderen partnerschaftlichen Umgang miteinander aufgerufen. Die Gefährdung der Organisation hebt die von ihr gewährten Dispense auf.Partnerschaftlichkeit der Mitglieder, so könnte man sagen, ist die Krisenbearbeitungsreserve von Organisationen, die im Alltagsbetrieb von solch gesteigerten Erwartungen und Zumutungen entlasten. Organisationen sind darum sehr viel alltagstauglicher als Partnerschaften oder erst recht Freundschaften. Es ist die Emergenz der zusätzlichen Organisationsebene, die das Bemühensniveau absenkt und die Pflege guter Nachbarschaft in Form routinemäßigen Betriebs ermöglicht. Das macht den Aufbau von Regionalorganisationen für die Pflege der Nachbarschaftsverhältnisse empfehlenswert. Nach den in Europa gemachten guten Erfahrungen hat vor allem die deutsche Politik in den letzten Jahrzehnten die Entwicklung von Organisationen nach dem Vorbild der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in aller Welt empfohlen.Nachbarschaftspflege durch gemeinsame Mitgliedschaft in regionalen Organisationen ist effizient, aber prosaisch, und bei besonderen Nachbarschaftsbeziehungen bewegt sie sich immer ein wenig unterhalb des Erwarteten und womöglich Erforderlichen. Erneut kommt hier die Frage nach Nähe und Distanz im Sinne der physischen und emotionalen Entfernung zwischen Nachbarn ins Spiel. Geht es um Nachbarn, die nur als der Nachbar meines unmittelbaren Nachbarn in einem Nachbarschaftsverhältnis zu mir stehen, so lässt sich diese Nachbarschaft in der formalisierten Form gemeinsamer Mitgliedschaft in einer Regionalorganisation bewirtschaften, ohne dass die Nachbarschaft deswegen Schaden nehmen muss. Räumliche Distanz ist die Lizenz zu Nachbarschaftspflege in Form von Organisationsroutine. Aber wo räumliche Distanz nicht vorhanden ist, sondern die Nachbarn unmittelbar aneinander grenzen, ist die Problembearbeitung durch einen Dritten, eben die Organisation, die obendrein auch noch für weitere Nachbarschaftsprobleme zuständig ist, zu wenig: Hier muss die gemeinsame Mitgliedschaft als Grundvoraussetzung guter Nachbarschaft durch exklusiv zweiseitige Partnerschaftsbeziehungen ergänzt werden.Es ist die Besonderheit der gemeinsamen Probleme, die deren Bearbeitung in Form exklusiver Partnerschaftlichkeit erforderlich macht. Die Neutralisierung des Besonderen durch den Einbezug Weiterer führt hier nicht zu einer gesteigerten Bearbeitungsfähigkeit, sondern zu einem nachhaltigen Vertrauensverlust. Generell wird man sagen können: Je größer die Regionalorganisation ist und je mehr Mitglieder ihr angehören, desto heikler ist es, wenn sie zur Klärung der Fragen von wesentlich zweiseitigem Interesse in Anspruch genommen wird. Die Einschaltung der Organisation, in der beide Nachbarn Mitglieder sind, bei schwierigen beiderseitigen Problemen läuft auf das Eingeständnis hinaus, dass die Nachbarn nicht in der Lage sind, dieses Problem in zweiseitig vertrauensvoller Zusammenarbeit zu bewältigen. Es ist gut und hilfreich, dass es in solchen Fällen Regionalorganisationen gibt, aber es ist auch klar, dass sie in diesem Fall die letzte Chance vor dem offenen Ausbruch des Konflikts darstellen.Mitgliedschaft in einer oder mehreren Organisationen, die sich um gutnachbarschaftliche Zusammenarbeit in einer Region bemühen, ist also eine Mindestvoraussetzung, die bei Nachbarn mit größerer räumlicher Distanz hinreichend ist. Bei räumlich nahen Nachbarn beziehungsweise bei Nachbarn, zu denen auch über räumliche Distanzen hinweg ein besonderes Näheverhältnis gesucht wird, genügt dies jedoch nicht, sondern hier muss ein eigenständiges Partnerschaftsverhältnis entwickelt werden, in dem die Besonderheit der Beziehungen exklusiv gehandhabt und nach außen symbolisiert wird. Und je mehr die anderen Nachbarn dieses Näheverhältnis nicht als störende, für sie womöglich bedrohliche Sonderbeziehung ansehen, sondern es als eine wünschenswerte und vorteilhafte Bearbeitung der räumlichen Nähe akzeptieren, desto stabiler und leistungsfähiger ist diese Partnerschaft.So können sich, wie im EU-Raum der Fall, gemeinsame Mitgliedschaften und besondere Partnerschaften ergänzen, überlappen und verstärken. Freilich kann eine gegenüber der bloßen Mitgliedschaft herausgehobene Partnerschaft auch die Grundlage einer dominanten Position innerhalb der gemeinsamen Organisation darstellen, wie dies bei dem Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich seit den Anfängen des verfassten Europa zu beobachten ist. Die räumliche Nähe, die endlich erreichte Überwindung eines die europäische Geschichte lange Zeit prägenden Feindschaftsverhältnisses, schließlich das politische und wirtschaftliche Gewicht beider Akteure haben dazu geführt, dass diese partnerschaftliche Sonderposition von den anderen Mitgliedern des verfassten Europa akzeptiert worden ist. Aber ein bisschen misstrauisch sind sie doch, und dieses Misstrauen gegenüber einer Art von Direktoriumsbildung durch besondere Partnerschaft im Verbund allgemeiner Mitgliedschaft ist in letzter Zeit deutlich angewachsen.Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass man seitens der Deutschen und Franzosen mit der durch die Partnerschaft konstituierten Sonderrolle innerhalb des verfassten Europa unsensibel umgegangen ist und aus ihr eine mitunter recht schroff kommunizierte Dominanzposition hergeleitet hat. Zur Partnerschaft promovierte Nachbarschaft kann für andere Nachbarn auch etwas Düpierendes haben und ihnen das Gefühl des Zurückgesetztwerdens, gar des Ins-zweite-Glied-Gestelltseins vermitteln. Partnerschaft unter Nachbarn ist also nicht eo ipso ein Zugewinn für Nachbarschaft allgemein, sondern muss gegenüber den nicht zu Partnern gewordenen bloßen Mitgliedern eines gemeinsamen Verbundes mit Sorgfalt und Rücksicht praktiziert und kommuniziert werden.Gleichzeitig zeigt aber gerade das Beispiel der deutsch-französischen Achse innerhalb der Europäischen Union, dass Mitgliedschaftsverbände, je größer sie werden, einer Führung bedürfen, die mehr ist als die Summe der Abstimmungsergebnisse in Einzelfragen. Wo von Nachbarschaft, Partnerschaft und Freundschaft die Rede ist, entsteht schnell der Eindruck, man habe es hier mit Verhältnissen zwischen Gleichen zu tun und in einer Art "herrschaftsfreiem Diskurs" lasse sich eine gemeinsame Sichtweise entwickeln, die anschließend von den Funktionsträgern der Nachbarschaftsorganisation in Politik umgesetzt werde. Nachbar, Partner und Freund sind semantische Einebnungen von Gewichts- und Machtdifferenzen, die durch diesen semantischen Coup jedoch nicht aus der Welt geschafft werden. Es gibt schwache und arme sowie mächtige und reiche Nachbarn, und unter den Partnern befinden sich auch immer Junior- und Seniorpartner, solche, die mehr, und solche, die weniger zu sagen haben.Nur das Konnotationsfeld der Freundschaft ist für solche Gewichts- und Einflussunterschiede unzugänglich und sehr viel stärker auf Symmetrie gepolt, als das bei Nachbarschaft und Partnerschaft der Fall ist. Insofern steht Freundschaft nicht nur für eine Beziehungsintensivierung im Vergleich zu Nachbarschaft und Partnerschaft, sondern stellt auch einen eigenen Typ der Beziehung dar, in dem die Reziprozität der beiden Beteiligten prinzipiell symmetrisch ist -- und wo das nicht der Fall ist, sollte man auch nicht von Freundschaft sprechen. Freilich hat der Freundschaftsbegriff in der Politik einen inflationären Charakter erhalten, und die für die Öffentlichkeit in Szene gesetzten Freundschaftsgesten werden oft für die Sache selbst genommen. Hier ist ein Begriff durch nachlässigen Gebrauch abgegriffen worden, und es kommt darauf an, ihn durch Bedeutungsvergewisserung zurückzugewinnen.Kaum einer hat über Freundschaft, gerade auch über politische Freundschaft so gründlich nachgedacht wie Aristoteles. Er unterscheidet dabei zwischen einer Freundschaft um der Lust willen, einer Freundschaft um des Nutzens willen und einer Freundschaft um ihrer selbst willen. Es ist klar, dass Letztgenannte die höchste Form der Freundschaft ist, weil sie nicht das Mittel zu einem Zweck, sondern selbst der Zweck ist. So ruht sie in sich und kann durch eine Veränderung der sie umgebenden Konstellationen nicht in Frage gestellt werden. Freundschaft um ihrer selbst willen ist keine Bewältigungsstrategie im Umgang mit den Widrigkeiten wie den Chancen des Lebens, sondern eine Inanspruchnahme des Lebens für eine Form, dieses zu führen, die zugleich sich selbst genug und der höchste Zweck ist, also nicht für anderes instrumentalisiert werden kann. Und Aristoteles denkt das keineswegs nur mit Blick auf die persönlichen Beziehungen zweier Menschen, sondern wendet seine politischen Leitvorstellungen der Autarkie und der Eudä monie, der Selbstgenügsamkeit und höchsten Zweckhaftigkeit, auch auf die Idee der politischen Freundschaft an. Dabei ist er sich freilich schon darüber im Klaren, dass die Freundschaft um ihrer selbst willen eher die Ausnahme darstellt und im persönlichen wie politischen Bereich die Freundschaften um eines Nutzens willen dominieren.Nun geht es Aristoteles, wenn er von Freundschaft spricht, nicht um das Verhältnis zwischen den "poleis", sondern er beschäftigt sich hier mit den Beziehungen der Bürger untereinander. Wie, so seine Frage, lässt sich sicherstellen, dass die mit Teilhaberechten ausgestatteten Bewohner einer Stadt, also deren Bürger, nicht übereinander herfallen, sich bekämpfen und die einen die anderen zu unterjochen suchen, um sich zu deren Herren und Herrschern aufzuschwingen? Das war nach der Epoche der Tyrannis und des Bürgerkriegs in Griechenland eine naheliegende Frage. Bürgerschaft ist das Gegenkonzept zu Herrschaft und Knechtschaft, und dabei steht sie in der beständigen Gefahr, dass sich in ihr Herrschaft und Knechtschaft untergründig entwickeln, um die bürgerschaftlichen Verhältnisse zu unterhöhlen und umzustürzen. Dagegen schützt die Freundschaft unter den Bürgern, weil sie Ehrgeiz und Habsucht als den wichtigsten Motiven zur Verwandlung von Bürgerschaft in Herrschaft Grenzen setzt. Die Freundschaft sichert das Interesse der Bürger an den Bürgern; sie stellt sicher, dass man Bürger und nicht Knechte zu Nachbarn haben will. Dass dem so ist, ist keineswegs selbstverständlich.Um dieses Zieles willen nimmt Aristoteles in Kauf, dass nicht nur die Freundschaft um ihrer selbst willen als solche bezeichnet wird, sondern auch instrumentelle Beziehungen, bei denen der Nutzen im Vordergrund steht. Die Freundschaft, die für Aristoteles das Palladium der bürgerschaftlichen Ordnung gegen Erosion und Verfall bildet, wirkt nicht nur in Gestalt ihrer hehren Ideale, sondern auch durch ihre Vermischung mit dem Nutzen und der Lust. So sorgt sie für die sozialmoralische Infrastruktur der bürgerschaftlichen Ordnung und stellt sicher, dass sich die Bürger nicht voneinander absondern, sich allein auf ihr Haus konzentrieren und zu bloßen Hausvätern werden. Die politische Freundschaft gewährleistet den Zusammenhalt der bürgerschaftlichen Ordnung und stellt sicher, dass zwecks politischer Kohäsion nicht auf Zwang und Gewalt zurückgegriffen werden muss, es also nicht zur Entstehung von Herrschaft infolge von Selbstzerstörung der Bürgerschaft kommt.Das ist eine sehr handfeste Vorstellung von Freundschaft, der alles romantisch Schwärmerische abgeht. Sie ist sehr viel weiter und umfassender als unser moderner Begriff von Freundschaft, und wir würden bei dem, was Aristoteles Nutzenfreundschaft nennt, eher von Partnerschaft, mitunter auch von strategischer oder taktischer Partnerschaft sprechen. Der erwähnte nachlässige Umgang mit dem Freundschaftsbegriff in der Sprache der Politik ist gleichsam das Gegenstück zur romantischen Aufladung des Freundschaftsbegriffs. Während sich im heutigen Sprachgebrauch semantische Beliebigkeit und romantischer Überschwang paaren, hat Aristoteles der Nutzen- und Lustfreundschaft eine klare Funktion für die politische Ordnung zugewie sen, die dadurch von dem Erfordernis einer Freundschaft um ihrer selbst willen entlastet ist.Es waren die Entdeckung der Marktfunktion durch die schottische Aufklärung und die Entwicklung einer formellen Verfassung, die im Verlauf des 18. Jahrhunderts das aristotelische Freundschaftskonzept als sozialmoralische Infrastruktur der bürgerschaftlichen Ordnung obsolet gemacht haben. Aus der bürgerschaftlichen Ordnung wurde die bürgerliche Gesellschaft, deren antagonistische Kohäsionsmechanismen Hegel in seiner Rechtsphilosophie eindrucksvoll beschrieben und analysiert hat. Nicht die Freundschaft, sondern der Markt stellt hier sicher, dass wir miteinander zu tun haben und sogar miteinander zu tun haben wollen, und wo der Markt an die Grenzen seiner Möglichkeiten stößt, da sorgt der Staat als spezifischer Modus von Herrschaft dafür, dass die Dinge nicht aus den Fugen geraten.Das Konzept der Freundschaft als zu äußerster Intensität gesteigerten Nachbarschaft, die nicht an räumliche Nähe gebunden ist, hat infolgedessen seine politische Bedeutung verloren. Freundschaft ist gewissermaßen entpolitisiert worden. Sie ist heute eher ein Gütesiegel, das einer gut und vertrauensvoll funktionierenden Partnerschaft aufgeklebt wird, um deren Dauerhaftigkeit und Belastbarkeit anzuzeigen, und mitunter ist nicht einmal dies der Fall. Das heißt, Freundschaft ist nur ein Wort, das nach Belieben und keineswegs immer strategisch gebraucht wird, um etwas Nettes und Schönes zu sagen. Der Analytiker des Politischen ist darum gut beraten, wenn er dem Begriff der Freundschaft misstraut. Nachbarschaft, Mitgliedschaft und Partnerschaft sind Begriffe, die für ihn sehr viel präziser zu fassen sind. Damit soll nicht bestritten werden, dass es politische Freundschaft gibt. Aber das meiste, was als solche bezeichnet wird, ist keine Freundschaft. Die politische Theorie ist deswegen gehalten, die institutionellen Arrangements von Nähe und Ferne zu untersuchen und über deren Optimierung nachzudenken. Der Basisbegriff dessen ist Nachbarschaft.