Markus Pöhlmann
Markus Pöhlmann / Mittelweg 36
Eurozine
Mittelweg 36
Mittelweg 36 3/2010
2010-06-22
Planet Terror
Krieg und Bürgerkrieg im Zombiefilm seit 1968
Zombiefilme sind cineastische Zumutung. Sie sind dies nicht so sehr wegen des Übermaßes an Gewaltdarstellung; hier scheint das Subgenre des Horrorfilms längst vom Killerspiel als auch von der epidemischen digitalen Verbreitung von Darstellungen realer kriegerischer Gewalt in der Gegenwart in den Schatten gestellt. Zombiefilme sind vielmehr Zumutungen an die Erwartungen des Publikums im Bezug auf darstellerische Leistung und das narrative Potenzial von Film an sich. Bei den cineastischen Mitteln, mit denen sie Horror zu erzeugen suchen, entfalten die Filme des "Goldenen Zeitalters des Zombiefilms" von 1968 bis 1983 heute allenfalls noch unfreiwillige Komik, ein wohliges Prickeln von Pulp.Das Goldene Zeitalter identifiziert Peter Dendle, The Zombie Movie Encyclopedia, Jefferson NC und London, 2000, S. 7. Gleichwohl lässt sich für die letzten zehn Jahre eine regelrechte Renaissance des Zombiefilms feststellen, wobei diese neuen Filme in ihren Mitteln der filmischen Darstellung, der Komplexität der Narrative und den Budgets nur mehr wenig mit den Vorgängern zu tun haben. Sie spiegeln gesellschaftliche Ängste und Ungleichheiten und die politisch- militärischen Veränderungen seit dem 11. September. Sie bieten damit Anlass, sich dem weitgehend unterbelichteten Zusammenhang von Untoten, Krieg und Militär zu nähern.Für das Genre des Horrorfilms an sich konstatieren diese Renaissance auch Julia Köhne, Ralph Kuschke und Arno Meteling, Einleitung, in: dies. (Hrsg.), Splatter Movies. Essays zum modernen Horrorfilm, Berlin 2005, S. 9--16, hier S. 9; außerdem Lars Koch, "Die Wiederkehr des Verdrängten als Zombie -- Zu einer vernachlässigten Ikone der filmischen Gegenwartskultur", in: Trifolium 7 (2008), S. 14--28.
Zombies zählen zu den populären Mythen, deren Existenz im Medium des Films begründet ist. Zwar knüpfen frühe Filme, so Victor Halperins White Zombie von 1931, an Elemente des haitianischen Voodoo- Kults an, in dem Zombies als seelenmissbrauchte Untote bekannt sind.Siehe einführend E. Wade Davis, Passages of Darkness. The Ethnobiology of the Haitian Zombie, Chapel Hill 1988, und Peter Bräunlein, "Die Rückkehr der 'lebenden Leichen' : Das Problem der Untoten und die Grenzen ethnologischen Erkennens ", in: kea. Zeitschrift für Kulturwissenschaften 9 (1996), S. 97--126. Doch verliert sich diese Spur rasch. Die Begründung des Subgenre ist vielmehr eng mit der Person des US-amerikanischen Regisseurs George A. Romero verbunden, der seit Ende der 1960er Jahre als Vater und Erneuerer des Zombiefilms in Erscheinung trat.Siehe Dendle, Zombie Movie Encyclopedia. Zu zentralen erzählerischen Elementen wurde Romero durch die Lektüre von Richard Mathesons I Am Legend angeregt, einem Klassiker der Horrorliteratur von 1954, der bis heute wiederum wenigstens drei Verfilmungen erlebt hat.The Last Man on Earth, The Omega Man und zuletzt I Am Legend. Zombiefilme bauen also nicht auf alte Volksmythen und auch nicht auf Vorbilder aus der Hochliteratur. Diese gebrochene Genese bringt es mit sich, dass die Figur des Untoten, sein Herkommen und die Parameter seines Handelns verhältnismäßig schwach kanonisiert bleiben.Einen ironischen Versuch dazu bietet Max Brooks, Der Zombie Survival Guide. Überleben unter Untoten, München 2004.
Für den hier zu bestimmenden Zusammenhang sollen Zombies als Untote definiert werden, die durch instinktive, kannibalistische Aggression bestimmt sind. Es kennzeichnet sie dabei eine geradezu "obszöne Lebendigkeit und ihr gewalttätiges Sterben".So James McFarland, Profane Apokalypse. George A. Romeros Dawn of the Dead, in: Köhne/Kuschke/Meteling, Splatter Movies, S. 29--46, hier S. 35. Von Geistern unterscheidet sich der Zombie durch seine Körperlichkeit. Im Gegensatz zum Vampir oder zum Frankenstein¹schen Monster geht ihm die Fähigkeit ab, über die Bedingungen seiner Existenz zu reflektieren. Als Untote sind Zombies in erster Linie Hirntote. Soziale Fähigkeiten sind praktisch nicht vorhanden. Die Ursachen für die Entstehung von Zombies bleiben in den Filmen oft verhältnismäßig vage. Eine pandemische Infektion in der Folge von fehlgeschlagenen (militär-)medizinischen Experimenten oder atomaren bzw. biologischen Kriegen gehören aber zu den häufigsten Erklärungsmustern.
Es liegt deshalb nahe, die Figur und das Genre, mehr als das bislang geschehen ist, mit Blick auf die Gewalt zu untersuchen. Dabei wird zweierlei festgestellt werden: Erstens, dass Militär und Krieg zentrale Elemente des Zombiefilms sind. Und zweitens, dass sich der Rahmen der militärischen Konfrontation im Verlauf der Filmgeschichte verschoben hat -- von der postkatastrophalen Auseinandersetzung zwischen Überlebenden und Untoten hin zur Auseinandersetzung der Überleben - den untereinander, in der Zombies allenfalls noch als Katalysatoren der Gewalt oder Allianzpartner von bedingter Zuverlässigkeit agieren. Die Renaissance des Zombiefilms begründet sich, so meine These, durch die gesellschaftspolitische Aktualität eines Plots, der soziale Un-Ordnung und den Gestaltwandel von Krieg und organisierter Gewalt spiegelt.
Für die Frage nach der Qualität der von Zombies ausgeübten Gewalt und Grausamkeit scheint zunächst einmal bemerkenswert, dass sie instinktiv ist. Anders als Aliens treten Zombies nicht als militärische Aggressoren mit imperialen oder genozidalen Zielen auf. Sie streben nicht nach der Vernichtung der Menschen oder gar des Planeten, sind aufgrund ihrer spezifischen Konstitution zum taktischen wie strategischen Denken und Handeln, das hierfür Voraussetzung wäre, außerstande.Nazi- bzw. Wehrmacht-Zombiefilme stellen eine besonders bizarre Spielart des Genres dar, wobei diese den inneren Widerspruch von imperialer Ideologie und prinzipieller Ziel- und Motivlosigkeit des zombischen Handelns letztlich nicht auflösen können. Siehe etwa Gamma 693 oder Oasis of the Zombies. Zombies motiviert auch nicht die Vergeltung, etwa für vorangegangene Kriegsleiden oder -verbrechen, wie wir das bei Geistern antreffen: So steht in Abel Gances Film J¹accuse die Schattenarmee der Gefallenen gegen die Welt der Überlebenden auf; so hausen in dem britischen Horrorstreifen The Bunker die Geister von Opfern einer standrechtlichen Erschießung in einer unterirdischen Westwallanlage; und in dem im Vietnamkrieg angesiedelten koreanischen Film R-Point schlachtet der Geist eines ermordeten Mädchens eine Militärpatrouille ab.Die Motivation der Geisterarmee in Gances Film variiert interessanterweise in den zwei verschiedenen Filmfassungen. Siehe dazu Nicolas Beaupré, "'Debout les morts!' Die Wiedergänger des Krieges in der Kultur des Krieges und des Nachkrieges", in: Fabrice d¹ Almeida und Claire Gantet (Hrsg.), Gespenster und Politik. 16. bis zum 21. Jahrhundert, München 2007, S. 171--286. Zwar verzehren Zombies das Fleisch ihrer Opfer, doch würde kaum jemand behaupten wollen, dass die Nahrungsaufnahme, wie das bei Vampiren der Fall ist, das Movens ihres Gewalthandelns darstellt. So wenig wie die Jagd der Untoten der Nahrungsaufnahme dient, so wenig kann angenommen werden, dass sie der zielgerichteten Reproduktion dient, selbst wenn sie genau dies zur Folge hat. Das Paradoxon zombischer Gewaltausübung liegt demnach darin, dass sie zwar berserkerhaft-unmotiviert scheint, aber gleichwohl extrem funktional, weil arterhaltend ist. Damit steht sie dem Rational militärischer Gewalt diametral entgegen, das sich selbst als funktional begreift, dafür aber im Extremfall die Vernichtung der eigenen Gruppe oder gar der Spezies in Kauf nimmt.
Überhaupt gilt es zu berücksichtigen, dass der Zombie zunächst einmal ein Opfer ist, und zwar ein Opfer des Kriegs und des Militärs. Der Ausbruch der Pandemie, die Menschen zu Zombies verwandelt, geht in I Am Legend auf einen globalen Krieg zurück. In Grindhouse: Planet Terror werden amerikanische Soldaten in Afghanistan dem geheimnisvollenGiftDC2 ausgesetzt, das sie mutieren lässt. Fehlgeschlagene Experimente in militärischen Geheimlabors gehören mittlerweile zu einem beliebten Erklärungsmodell des Subgenres: Blood of Ghastly Horror ist die Geschichte eines versehrten Vietnamveteranen, dem ein künstliches Gehirn eingesetzt wird. In Run for Blood unternimmt die US-Armee während des Vietnamkriegs an ihren gefallenen Soldaten Menschenversuche vor mit dem Ziel, diese wiederzubeleben. In Horrors of War züchtet die Wehrmacht im Endkampf 1945 Übersoldaten für den Kampf gegen die Alliierten. Der Ausbruch der Mutationen in Resident Evil wird ebenfalls durch aus dem Ruder gelaufene Reanimierungsexperimente des multinationalen Konzerns Umbrella Corporation ausgelöst.Diesen Hinweis verdanke ich Michael Schmelkus, Hannover. Zombies sind demnach kollaterale Opfer militärischer Konflikte oder der Inkompetenz und Skrupellosigkeit militärischer Forschung. Die schon in Frankenstein angelegte Figur des mad scientist institutionalisiert sich im Zombiefilm zur mad science des militärisch-industriellen Komplexes. Wo dieser noch dazu die Kontrolle an den Computer delegiert hat, wie das in Resident Evil der Fall ist, stellt sich eine paradoxe Konstellation ein: Der für den Betrieb und die Sicherheit der Versuchsanordnung verantwortliche Zentralcomputer Red Queen muss die Ausbreitung der Pandemie durch Versiegelung der Anlage verhindern, deren Öffnung wiederum Voraussetzung für den Einsatz des Kommandos ist, das die Zombies bekämpfen soll. Die Probleme des Computers Hal 9000 in 2001: A Space Odyssey scheinen dagegen überschaubar.
Der Zombie als Wiedergänger des Soldaten
Der Zombie -- so stellt es sich auf den ersten Blick dar -- ist der Wiedergänger des Soldaten. So fragt etwa in Dawn of the Dead die weibliche Protagonistin Fran: "Was zum Teufel sind sie?" und der Nationalgardist Peter antwortet: "Sie sind wir, mehr nicht."Zit. nach McFarland, Apokalypse, S. 39. Kaum eine filmische Figur stellt derart auf Stereotypen des Militärischen ab wie der Untote. Es kennzeichnet ihn die Uniformität des Ausdrucks wie der Gestik. Zwar ist der tumbe Gleichschritt in den frühen Zombiefilmen, wie er noch in Romeros Night of the Living Dead (1968) stilbildend wurde, mittlerweile einer schnelleren Gangart und taktisch geschickteren Bewegungsformen gewichen. Trotzdem bleibt das automatenhafte, gleichgerichtete Handeln bestimmend. Im Gegensatz zum Vampir ist der Zombie kein pathetisch-aristokratischer Individualist. Zum Vergleich siehe Dendle, Zombie Movie Encyclopedia, S. 10. Seine Organisationsform ist der Mob, seine Waffe ist sein eigener Körper. Ein Beispiel: Die Gewaltverhältnisse zwischen Soldaten und Zombies in Land of the Living Dead müssen genau in dem Moment neu verhandelt werden, wo der Zombie Big Daddy ein am Boden liegendes Sturmgewehr aufnimmt und zufällig den Abzug betätigt. Der Zombie wird also wieder Mensch, indem er Soldat wird. Noch eindrücklicher zeigt sich dies in Day of the Dead: In einem militärisch gesicherten, unterirdischen Forschungszentrum unternimmt der Wissenschaftler Dr. Logan Konditionierungsversuche an gefangenen Zombies, denen er so eine therapeutisch begleitete Rückkehr zum Menschsein ermöglichen will. Sein aussichtsreichster Proband ist Bub. Was Dr. Logan besonders optimistisch stimmt, ist Bubs Reaktion, als in einer kritischen Situation der Kommandant des Bunkers, Hauptmann Rhodes, den Raum betritt: Der Zombie erkennt den Mann als Offizier, verharrt -- und salutiert.
Der Soldat als letzte Instanz gegen Untote
Da der Zombiefilm seine Spannung durch den Einbruch der antisozialen, instinktgesteuerten Massen in die verregelte und durch das Gewaltmonopol gehegte Welt gewinnt, kommt den bewaffneten Repräsentanten der Staatsmacht eine zentrale Rolle zu. Häufig stellen sich klassische Alamo-Lagen ein, bei denen die zahlenmäßig unterlegene, heroische Minderheit gegen anstürmende Massen aushält, sei es in einem isolierten Landhaus, einem Einkaufszentrum, einem Bunker oder einem gesicherten Sektor der Metropole. Der militärische Lösungsansatz für die Bedrohung ist entweder Eindämmung oder Ausrottung. Eindämmung funktioniert allenfalls über Versuche der Impfung, der Konditionierung oder schlicht durch dauerhafte bauliche Segregation der Lebenden von den Untoten durch Elektrozäune, Minen und Mauern. Kaum verwunderlich, dass gerade bei dieser Variante die Interessen und Lösungsansätze von zivilen Wissenschaftlern und Militärs beson - ders deutlich aufeinandertreffen.Mit der Emphase der 1980er Jahre stellt dann auch eine bekannte deutsche Filmografie mit Blick auf den Plot in Day of the Dead fest, dass in der Auseinandersetzung zwischen Soldaten und Wissenschaftlern "der Faschismus erneut seine Unfähigkeit" beweise. Siehe Norbert Stresau, Der Horror-Film. Von Dracula zum Zombie-Schocker, München 1987, S. 202.
Ausrottung ist die zweifellos üblichere Variante, wobei bezeichnenderweise dem gezielten Einzelschuss eine besondere Bedeutung zukommt.Der Kopfschuss ist, folgt man der orthodoxen Auslegung der Zombielogie, die einzige Möglichkeit, einen Untoten zu töten. Siehe Dendle, Zombie Movie Encyclopedia, S. 6. Schon in Dawn of the Dead wird die staatliche Ordnung durch zwei Mitglieder eines Sondereinsatzkommandos repräsentiert. In Land of the Dead benetzt der Hillbilly Charlie vor jedem Schuss seinen Daumen mit Spucke, um dann die Mündung seines Gewehrs damit zu putzen -- eine weithin übersehene Referenz an einen der bedeutendsten amerikanischen Kriegshelden des 20. Jahrhunderts, Sergeant Alvin York. Dieser erledigt im Argonnerwald von 1918 auf diese Weise zwar keine Zombies aber deutsche Soldaten.Siehe Richard A. Kipphorn, "Teaching the Question of Humanity in American War Films", in: Thomas F. Schneider (Hrsg.), Kriegserlebnis und Legendenbildung. Das Bild des "modernen " Krieges in Literatur, Theater, Photographie und Film, Osnabrück 1999, S. 1000--1006. Auch in 28 Weeks Later ist der militärische Protagonist Doyle ein Scharfschütze.
Ordnung und Terror
Zombiefilme reflektieren letztlich kaum über das Wesen und Handeln der Untoten selbst, sondern über die Reaktionen der Überlebenden auf diese Bedrohung.So schon Strelau, Horror-Film, S. 198. Dabei kommen sie zu kulturpessimistischen Deutungen, bei denen Zombies als Katalysatoren des gesellschaftlichen Zerfalls stehen. Dieser Zerfall manifestiert sich zuvorderst im Zerfall des staatlichen Gewaltmonopols und der Erosion von etablierten Gewaltlegitimationen.
Zombiefilme können daher nicht nur als Kriegs- sondern auch als Bürgerkriegsfilme angesprochen werden. So spiegelt Night of the Living Dead unübersehbar Rassendiskriminierung und Vigilantenkultur im Amerika der späten 1960er Jahre. Land of the Dead präsentiert eine Apartheidsgesellschaft, die sich nach dem ersten Schock in einem System von militärisch gesicherten Sperrkreisen eingerichtet hat. Lebensstandard und Überlebenschancen steigen mit der räumlichen Entfernung zur Frontier, hinter die sich nur schwerbewaffnete Trupps wagen, um dort für die Bedürfnisse der Privilegierten zu fouragieren und ungehemmt Zombies abzuschlachten. Das Moralgerüst der Überlebenden erodiert unter dem Trauma der pandemischen Bedrohung und lässt die Welt in einen Kampf konkurrierender Kleingruppen mutieren: Für die Gruppe der Überlebenden, die sich in Dawn of the Dead in einem Einkaufszentrum verschanzt hat, verändert sich plötzlich die Bedrohungslage, als eine marodierende Rockerbande in das Refugium einbricht. Was folgt, ist ein Scharmützel Bürger gegen Rocker gegen Untote. In 28 Days Later müssen die vier Zivilisten, die sich in höchster Not in einen Armeestützpunkt gerettet haben, erfahren, dass die zivilisatorischen Standards der Soldaten verloren gegangen sind: Die Gruppe hält einen infizierten Kameraden gefangen, um zu testen, wie lange Zombies ohne Nahrung überleben, und es kommt zu sexuellen Übergriffen gegen die weiblichen Flüchtlinge. Die Organe staatlicher Ordnung zerfallen entweder, werden durch Vigilanten ersetzt oder bedienen sich selbst terroristischer Mittel. Die Soldaten, die in Grindhouse: Planet Terror infiziert aus dem Krieg in Afghanistan zurückkehren, kehren ja aus einem Konflikt zurück, in dem der "Kampf gegen den Terror" das erklärte Ziel des sie entsendenden Staates gewesen ist. Jetzt kehren sie dorthin zurück und verbreiten den Terror dort auf ihre Weise -- als kannibalistische Berserker.
Die terroristische, weil in der Wahl der Opfer völlig willkürliche und Schrecken verbreitende Gewalt der Zombies entspringt hier letztlich einer Fehlfunktion der souveränen, kontrollierten Gewalt und bedroht wiederum diese im Kern, indem sie einen globalen Ausnahmezustand schafft, in dem Gewalt archaisch, allgegenwärtig und ten den - ziell privatisiert wird.Zum Verhältnis von terroristischer und souveräner Gewalt siehe McFarland, Apokalypse, S. 41. Die terroristische Gewalt der Untoten bedroht das Gewaltmonopol aber auch dadurch, dass sie eine kontaminierende Wirkung auf die Moral der staatlichen Gewaltakteure zeitigt. Durch die Regellosigkeit im Kampf gegen Untote verlieren die Soldaten auch in der Aufrechterhaltung der Ordnung unter den Überlebenden die Maßstäbe: Als sich in 28 Weeks Later in London Untote unter eine panische Menge von Überlebenden mischen, erhalten die Scharfschützen der NATO-Quarantänetruppe den Befehl, unterschiedslos das Feuer in die Menge zu eröffnen.
Fazit
Die Wahrnehmung des Zombies als Wiedergänger des Soldaten greift also nicht weit genug. Das Verhältnis beider Typen gestaltet sich weitaus dialektischer und hat sich auch in der Geschichte des Subgenres weiterentwickelt. Der Ursprung des Zombies als Kollateralschaden militärischer Forschung oder kriegerischer Gewalt lässt sich bereits in frühen Filmen nachweisen. Die ebenfalls früh angelegte Tendenz, nicht auf den Zombie selbst, sondern auf die Reaktion der Gesellschaft auf die Zombiebedrohung zu fokussieren, brach sich in den Filmen der 1980er Jahre Bahn und führte dazu, dass im Mittelpunkt der Zombiefilme die Erosion von Macht- und Gewaltverhältnissen unter den Überlebenden stand und steht. Die Filme des letzten Jahrzehnts, darunter 28 Days Later (2002), Land of the Dead (2005), 28 Weeks Later (2007) oder Grindhouse: Planet Terror (2007), thematisierten schließlich in besonderer Weise ein spezifisches Element dieser gesellschaftlichen Gewaltverhältnisse, nämlich die Grenzen der ethischen Belastbarkeit der Agenten staatlicher Gewalt. In der Auseinandersetzung von Soldaten und Untoten werden Erstere durch die exzessive Gewalterfahrung korrumpiert und wenden zur Aufrechterhaltung der Ordnung selbst terroristische Mittel gegen die eigene Gruppe der Überlebenden an. Der nationale Sicherheitsstaat frisst seine Kinder.
Filmografie:
2001: A Space Odyssey (R: Stanley Kubrick, 1968)
28 Days Later (R: Danny Boyle, 2002)
28 Weeks Later (R: Juan Carlos Fresnadillo, 2007)
Blood of Ghastly Horror (R: Al Adamson, 1972)
Dawn of the Dead (R: George A. Romero, 1979; Remake Jack Snyder, 2004)
Day of the Dead (R: George A. Romero, 1985)
Gamma 693 (R: Joel M. Reed, 1981; auch unter dem Titel Night of the Wehrmacht Zombie)
Grindhouse: Planet Terror (R: Robert Rodriguez, 2007)
Horrors of War (R: Peter John Ross, 2007)
I Am Legend (R: Francis Lawrence, 2007)
J¹accuse (R: Abel Gance, 1919, 1937)
Land of the Dead (R: George A. Romero, 2005)
Night of the Living Dead (R: George A. Romero, 1968)
Oasis of the Zombies (R: Jesús Franco, 1982)
Resident Evil (R: Paul Anderson, 2002)
R-Point (R: Su-chang Kong, 2004)
Run for Blood (R: Steven C. Miller, 2006)
Sgt. York (R: Howard Hawks, 1941)
The Bunker (R: Rob Green, 2003)
The Last Man on Earth (R: Sidney Salkow, 1964)
The Omega Man (R: Boris Sagal, 1971)
White Zombie (R: Victor Halperins, 1931)