Joseph Algazy
Edgar Peinelt
Joseph Algazy/Le Monde diplomatique
Eurozine
Le Monde diplomatique
Le Monde diplomatique 10/2005
2005-10-27
Die arabischen Israelis und ihre minderen Rechte
Da Israel sich als jüdischer Staat versteht, ist es für die
Palästinenser eine prekäre Heimat. Doch jeder fünfte Israeli ist
arabischer Herkunft. Rechtlich ist er damit Bürger zweiter Klasse, und
auch wirtschaftlich bleibt er hinter seinen jüdischen Mitbürgern zurück.
Nur den 165 000 Beduinen geht es noch schlechter.
Im August haben die internationalen Medien anlässlich des Rückzugs aus
Gaza und der Räumung von Siedlungen im Westjordanland das behutsame
Vorgehen der israelischen Armee und Polizei hervorgehoben. Anders vor
fünf Jahren, als es nach Ariel Scharons Besuch des Tempelberges am 28.
September 2000 vielerorts zu brutalen Übergriffen der Polizei gegen
protestierende arabische Israelis gekommen war. Damals war die
Staatsgewalt nicht gerade zimperlich. Ihr Vorgehen trug dazu bei, die so
genannte zweite Intifada auszulösen.
In der Nacht zum Jom-Kippur-Fest am 8. Oktober 2000 töteten
Kommandoeinheiten der Polizei und Scharfschützen in Nazareth innerhalb
weniger Tage dreizehn Araber (zwölf von ihnen israelische Bürger, einer
aus den besetzten Gebieten); außerdem gab es dutzende Verletzte. Der
damalige Regierungschef Ehud Barak, Polizeiminister Schlomo Ben-Ami und
Innenminister Haim Ramon -- alle drei Führungskräfte der regierenden
Arbeitspartei und zum Lager der "Tauben" gerechnet -- gaben als Grund für
den Einsatz damals unisono an, sie hätten gegen die Blockade einer
Hauptstraße einschreiten müssen.Siehe Joseph Algazy, "Mein Staat tötet mein Volk", Le Monde diplomatique, November 2000 Drei Jahre später, am 1. September 2003, legte eine Untersuchungskommission der Regierung unter Vorsitz von
Theodore Or, Richter am Obersten Gerichtshof, einen 831 Seiten langen
Bericht zu den Vorfällen vor. Darin wurde zwar im Grundsatz bejaht, dass
der Staat das Recht habe, notfalls mit Gewalt die wichtigsten Straßen des
Landes zu sichern; allerdings stellte der Report auch fest, der
allgemeine Schießbefehl und erst recht der Einsatz von Scharfschützen
seien unangemessene Maßnahmen zur Auflösung protestierender
Menschenmengen. Die Polizei wurde aufgefordert, ihre
Verschleierungstaktik aufzugeben und ihre Truppen dazu anzuhalten, die
arabischen Bürger nicht länger als Feinde zu behandeln. Ferner forderte
die Kommission von der Regierung neue Anstrengungen, den Lebensstandard
der Araber zu erhöhen.
Doch die "Or-Kommission" enthielt sich jeglicher Kritik an den
Entscheidungen des Ministerpräsidenten oder des Polizeiministers, was
sowohl bei den Vertretern der arabischen Bevölkerung als auch bei den
Vertretern der demokratischen jüdischen Organisationen auf heftige Kritik
stieß.Siehe die Stellungnahme des Zentrums für die Verteidigung der
Menschenrechte der arabischen Minderheit (Adalah) vom 4 September 2003 Überdies wurde der Report nicht einmal auf Arabisch
veröffentlicht, obwohl es in Israel die zweite Amtssprache ist.
Um den Empfehlungen der Kommission formal Genüge zu tun, schuf die
Regierung Scharon am 14 September 2003 einen Ausschuss auf
Ministerebene; den Vorsitz hatte der damalige Justizminister Josef Lapid.
Da diesem Gremium jedoch pikanterweise einige Minister angehörten, die
für den "Transfer" -- also die Vertreibung der Palästinenser -- eintraten,
verweigerten die Vertreter der arabischen Bevölkerung die Zusammenarbeit.
Der Lapid-Ausschuss empfahl die Errichtung einer "Behörde zur Förderung
der nichtjüdischen Minderheiten" und regte außerdem an, "Jugendliche aus
den arabischen Schichten, die nicht zum Militär eingezogen werden,
künftig in einen staatlichen Zivildienst einzuberufen".Presseerklärung des Justizministeriums vom 2 Juni 2004. Die israelischen
Araber zeigten sich empört über diese Vorschläge. Aber auch Richter
Theodore Or warf der Regierung mehrfach vor, den Empfehlungen seiner
Kommission zur Bekämpfung der Diskriminierungen nicht nachgekommen zu
sein.Siehe vor allem Ha'aretz (Tel Aviv), Ausgaben vom 2 September 2004 und vom 22 Juni 2005.
Umstritten war vor allem der Vorschlag der Or-Komission, für junge
Araber einen Zivildienst einzuführen. Man muss hierzu wissen, dass Israel
seit seiner Staatsgründung 1948 seine arabischen Staatsbürger von der
Wehrpflicht ausschließt, weil man ihre Loyalität anzweifelt. Damit werden
sie gleichzeitig von diversen staatlichen Leistungen ausgeschlossen, für
die der Militärdienst Voraussetzung ist. Doch auch den nichtjüdischen
jungen Männern und Frauen, die den Wehrdienst absolvieren -- etwa Drusen
oder Tscherkessen -- oder die sich freiwillig melden können -- wie Beduinen
und Araber christlicher Konfession -, werden diese Leistungen
vorenthalten. Daran werde, so die arabischen Vertreter, auch ein
allgemeiner Zivildienst nichts ändern. Sie schlagen stattdessen einen
Zivildienst auf lokaler und kommunaler Ebene vor, doch sie betonen
gleichzeitig, dass die Gleichheit der Bürger an keine Bedingung geknüpft
sein dürfe.
Kontrovers ist nicht nur die Wehrpflicht, sondern auch die Frage der
nationalen Zugehörigkeit. Die Staatsführung verlangt von den arabischen
Israelis die uneingeschränkte "Treue" zum israelischen Staat, der sich
jedoch als "jüdischer Staat", "jüdisch-zionistischer Staat" oder -- im
Grundgesetz von 1980 -- als "demokratischer jüdischer Staat" definiert.
All diese Bezeichnungen übersehen die Tatsache, dass es eine große
arabische Minderheit im Lande gibt (fast 20 Prozent der Bevölkerung). Sie
werden gemeinhin unter dem Begriff "nichtjüdische Minderheiten"
subsumiert. Die Vertreter der Araber in Israel fordern, dass Israel sich
als "Staat für alle Bürger" oder gar "für alle seine Völker" verstehen
müsse, doch solche Vorstellungen sind für die Regierenden unannehmbar.
Nach den jüngsten Umfragen würden sich 63,1 Prozent der Befragten aus
dieser Bevölkerungsgruppe als "palästinensische Araber in Israel"
bezeichnen. Eine noch größere Mehrheit würde die Bildung eines
unabhängigen Palästinenserstaates und die Umwandlung Israels in ein
binationales Staatsgebilde befürworten -- in der Hoffnung, endlich den
jüdischen Bürgern gleichgestellt zu werden. Zugleich gibt es Vorbehalte:
In der Gruppe der 25-Jährigen war die zweite Intifada ein Bruch: Seither
verstehen viele sich nicht mehr als "israelische Palästinenser".
Die junge Journalistin Mona Abu Bakr will "den zionistischen Staat"
nicht anerkennen, weil er, wie sie sagt, "sich hartnäckig weigert, die
Existenz arabischer palästinensischer Menschen in diesem Land
anzuerkennen. [OE] Zu meiner Identität gehört es, dass ich morgens
aufwache, das Radio einschalte und auf der Stimme Israels Nachrichten
höre; dass ich durch die Straßen laufe und um mich herum Menschen in
mehreren Sprachen reden höre; dass ich auf dem Weg zur Arbeit im Zug
zwischen bewaffneten Soldaten sitze, so als ob nichts wäre; dass ich mir
Hasstiraden gegen meine Landsleute anhören muss und dass ich mich, im
Vergleich zu einem jüdischen Mitbewerber, doppelt anstrengen muss, um
einen Studienplatz zu bekommen. [OE] Das heißt nicht, dass ich, wenn es
eines Tages einen Palästinenserstaat gibt, dort auch leben möchte, aber
der Gedanke an Palästina ist in unseren Köpfen sehr präsent, egal, wo wir
leben."Siehe die Ausgabe der in Jerusalem erscheinenden Zeitschrift Du-et (hebräisch; arabisch: Lahn musdauag), eines zweisprachigen Periodikums
des "Diskussionskreises jüdischer und arabischer Bürger Israels", vom
Juli 2005. Auch die beiden nachfolgenden Zitate stammen aus diesem Heft.
Umstritten ist auch die Forderung der Araber nach "kultureller
Autonomie". Die Mehrheit der jüdischen Bürger fürchtet, ebenso wie die
Staatsführung, eine solche kulturelle Autonomie könne dem Anspruch auf
"politische Autonomie" und separatistischen Bestrebungen Nahrung geben.
Für den jüdischen Soziologen Sami Samuha, Professor an der Universität
Haifa, der seit vielen Jahren die Meinungen der jüdischen und arabischen
Bevölkerung erforscht, überwiegen allerdings die "Vorteile einer
kulturellen Autonomie der Araber bei weitem die Nachteile". Seiner
Meinung nach ist die kulturelle Autonomie "ein wichtiger Schritt auf dem
Weg zur multikulturellen Gesellschaft -- und Letztere ist nur sinnvoll,
wenn auch jene Minderheiten, die nicht zur Assimilierung bereit sind,
Autonomie gewährt bekommen. Wenn die multikulturelle Gesellschaft auch
den Arabern ausreichende Finanzmittel zu Verfügung stellt, wird das die
Araber stärken, ihr Bild in der Öffentlichkeit verbessern, ihre Kultur
und ihre nationalen Symbole aufwerten, und es ihnen ermöglichen, ihre
Kultur, Geschichte und Literatur zu erforschen."Ha'aretz, 3 März 2005.
Schafiq Masalhah, Professor für Psychologie an der Universität Tel Aviv,
ist beunruhigt, dass die arabischen Bürger -- vor allem im
Bildungssektor, wo der arabischen Jugend die eigene Kultur vorenthalten
wird -- zunehmend enttäuscht und verzweifelt sind. "Wenn in einer
Gesellschaft mehrere Kulturen nebeneinander bestehen, ist das eigentlich
kein Fluch, sondern ein Segen", stellt er fest. Doch mit Blick auf seine
arabischen Mitbürger gibt er zu bedenken: "Die Autonomie einer von
mehreren Kulturen in einer Gesellschaft kann in der Isolation enden. Eine
solche Abkehr [OE] wird dann aber zwangsläufig die chauvinistischen
Reaktionen auf diese Kultur bestärken."
Die Ereignisse vom Oktober 2000 haben jedenfalls bei den arabischen
Bürgern das Vertrauen in den israelischen Staat und in die israelischen
Medien nachhaltig erschüttert: Nach einer Umfrage des arabischen
Informationszentrums Elam vertraut eine Mehrheit der Araber in Israel
eher den Meldungen arabischer als israelischer Medien. 64,4 Prozent
halten die Nachrichten des Fernsehsenders al-Dschasira für glaubwürdig,
nur 4,3 Prozent glauben dem Zweiten Programm des israelischen Fernsehens.
Und 56,9 Prozent würden spontan eher den Bericht eines arabischen
Journalisten für wahr halten als den eines jüdischen (5,5 Prozent). Amal
Jammal von der Universität Tel Aviv, der diese Umfrage betreut hat,
erklärt die Ergebnisse so: "Die arabische Öffentlichkeit in Israel hört
arabische Sender, um ihr nationales Zugehörigkeitsgefühl zu stärken; wenn
sie sich aber über aktuelle Ereignisse informieren will, sieht sie den
israelischen Sender."
Das Gefühl der Araber, fehl am Platze zu sein, ist nicht verwunderlich:
Seit der Staatsgründung werden sie in allen Bereichen der Gesellschaft
benachteiligt. Besonders schlimm ist die Lage auf dem Arbeitsmarkt: In
den arabischen Städten und Dörfern ist die Arbeitslosigkeit vor allem der
Jüngeren extrem hoch. Die offiziellen Zahlen von 13,3 Prozent
Arbeitslosen bei erwerbsfähigen arabischen Israelis und 10,4 Prozent
unter den jüdischen Bürgern beziehen sich nur auf die gemeldeten
Arbeitsuchenden. Die Arbeitsämter verlangen, dass die Arbeitsuchenden
jede Stelle annehmen, die ihnen geboten wird. Wer ablehnt, verliert die
Unterstützung und erscheint nicht mehr in der Statistik. Wie in vielen
westlichen Ländern ist auch in Israel die Sozialhilfe gekürzt worden, um
die Leistungsempfänger" wieder in den "produktiven" Sektor
zurückzuführen. Igal Ben-Schalom, Direktor der israelischen
Sozialversicherung, hat kürzlich erklärt, dass diese Politik "keineswegs
zu weniger Ausgaben und mehr Arbeitsplätzen", sondern nur zu "weniger
Ausgaben und mehr Elend"Ha'aretz, 9 August 2005. Siehe dazu auch Anne Daguerre, "Emplois forcés pour les bénéficiaires de l'aide sociale", Le Monde diplomatique, Juni 2005. führen wird. Tatsächlich ist die Erwerbsquote unter den als arm Erfassten zwar von 33,5 (1990) auf 43,1 Prozent (2003)
gestiegen -- zugleich stieg aber auch die Zahl der Erwerbstätigen, die
unter der Armutsgrenze leben, von 13,6 (1990) auf 20,3 Prozent (2003).The Marker (Wirtschaftsbeilage der Ha'aretz), 6 Juli 2005.
Der Wisconsin-Plan und seine Folgen
Das israelische "Workfare"-Konzept heißt "Wisconsin-Plan" -- nach dem
US-Bundesstaat, in dem finanzielle Beihilfen erstmals an Beschäftigungs-
und Fortbildungsprogramme gekoppelt wurden. Seit August 2004 dienen 4
500 Arbeitslose aus der (mehrheitlich arabischen) Stadt Nazareth und dem
benachbarten (jüdischen) Ilit als Versuchspersonen bei der Erprobung des
Konzepts, unter Leitung einer israelischen und einer niederländischen
Firma. Die Organisation Saut al-Amal (Stimme der Arbeit) empört sich,
dieses Experiment sei "keine Kriegserklärung an die Arbeitslosigkeit,
sondern an die Arbeitslosen: Es hat zum Ziel, ihnen die
Unterstützungsleistungen zu streichen."
Auch in den Städten mit arabischer und jüdischer Bevölkerung ist die
Diskriminierung spürbar. Lod zum Beispiel zählt 21 000 arabische
Einwohner (die vorwiegend im Norden und Westen der Stadt leben) und hat
53 000 jüdische Bürger (die im Süden und Osten wohnen). Bei einer Fahrt
durch die Stadt springen die Unterschiede zwischen den Wohnvierteln ins
Auge. Nach Auskunft von Butaina Dabit, einer palästinensischen
Aktivistin, leben 60 Prozent der 2 930 arabischen Familien in Lod in
völlig heruntergekommenen Häusern. Es fehlen 1 600 neue Wohnungen, aber
die Behörden ordnen dem Abriss von Gebäuden an, die ohne Baugenehmigung
errichtet wurden. Nicht besser ergeht es den 8 000 arabischen Bewohnern
der historisch bedeutenden Altstadt von Akko. Tausende von Touristen
bestaunen die architektonischen Kostbarkeiten -- von der Trostlosigkeit
hinter den schönen Fassaden erfahren sie nichts. "Die Mehrzahl der Häuser
ist über 200 Jahre alt und in sehr schlechtem Zustand", sagt Ahmed Uda,
Mitglied des Gemeinderats von Akko, "Sie drohen einzustürzen, einige
mussten bereits geräumt und abgesperrt werden. Aber die meisten Familien
sind sehr arm, oft teilen sich sechs oder sieben Menschen ein Zimmer.
Vernachlässigung und Verelendung haben die Altstadt zu einem Zentrum des
Drogenhandels, der Prostitution und der Kriminalität gemacht."
Die wahrhaft Ausgestoßenen und Vergessenen des Landes aber findet man
ganz im Süden Israels, in der Negev-Wüste. Vor der Staatsgründung lebten
hier etwa 60 000 Beduinen -- nur 11 000 entgingen der Vertreibung von
1948. Heute leben wieder 140 000 bis 165 000 Beduinen in Israel, 60
Prozent sind jünger als 17 Jahre. Zu dieser Bevölkerungsentwicklung trägt
auch die Polygamie bei: Jeder fünfte Beduine hat zwei Ehefrauen.
Der israelische Staat hat -- nicht selten unter Anwendung von Gewalt --
zwei Drittel der Negev-Beduinen in sieben Wohngebieten angesiedelt, die
an Indianerreservate erinnern. Das übrige Drittel lebt in kleinen
Dörfern:Itsik Saporta, "Agglomérations dans le Néguev, quelques comparaisons",
www.haokets.org, 8. Februar 2004. Diese 45 "nichtoffiziellen" Ortschaften sind auf keiner Karte verzeichnet und nur in den seltensten Fällen an das öffentliche
Versorgungsnetz angeschlossen. Die Beduinen dürfen offiziell keine Häuser
bauen, selbst die armseligste Hütte kann jederzeit vom Militär
abgerissen werden. Außerdem haben die Beduinen kein Recht auf
Grundeigentum. Deshalb hat der Staat wiederholt Anbauflächen von Beduinen
zerstört -- unter anderem durch Pflanzenvernichtungsmittel, die von
Flugzeugen versprüht wurden. In puncto Arbeitslosigkeit stehen die
Beduinensiedlungen ganz oben in der Statistik, in puncto Lebensstandard
ganz unten. In der Beduinensiedlung Arara liegt das monatliche
Pro-Kopf-Mindesteinkommen umgerechnet bei knapp 135 Euro.
Israels Rückzug aus dem Gaza-Streifen hat innerhalb der arabischen
Bevölkerung neue Befürchtungen geweckt, denn es gab Gerüchte, ein Teil
der Siedler solle nach Galiläa und in den Negev umgesiedelt werden. Im
April 2005 hielt die Jewish Agency gemeinsam mit dem israelischen Staat
eine Konferenz unter dem Titel "Entwicklung Galiläas und des israelischen
Nordens" ab. Von der arabischen Bevölkerung war nur ein einziger
Vertreter eingeladen. Für Hana Swaid, den ehemaligen Bürgermeister der
arabischen Ortschaft Eilabun, ist dies eindeutig ein Versuch, das alte
Projekt einer "Judaisierung" Galiläas voranzutreiben: Auch wenn die
Araber in dieser Region nur 12 Prozent des Bodens besitzen, stellen sie
immer noch 51 Prozent der Bevölkerung.
Auch zivilrechtlich sind die Araber diskriminiert.Siehe Meron Rapoport, "Les libertés menacées des citoyens d'Israel", Le Monde diplomatique, Februar 2004. Ende Juli beschloss das israelische Parlament mit großer Mehrheit, der
Familienzusammenführung von Palästinensern in Israel und den besetzten
Gebieten sehr enge Grenzen zu setzen. Demnach dürfen nur Männer über 35
Jahre und Frauen über 25 Jahren beim israelischen Innenministerium die
israelische Staatsbürgerschaft beantragen.Yedioth Ahronot (Tel Aviv), 28 Juli 2005.
Die Regelung gilt auch für Eheleute: Seit März 2003 haben die Behörden
auch Zuzugsanträge derjenigen Antragsteller nicht weiterbearbeitet, die
bereits mit einem israelischen Staatsbürger verheiratet sind.Ha'aretz, 27 Juli 2005. Menschenrechtsorganisationen haben das Gesetz scharf kritisiert, auch
weil seine Durchsetzung von einer beispiellosen antiarabischen
Medienkampagne begleitet war. Glaubt man den Aussagen von
Regierungsvertretern oder Zeitungskommentatoren, dann gefährdet die
Heirat zwischen einem arabischen Israeli und einer Palästinenserin aus
den besetzten Gebieten langfristig die Demografie des jüdischen Staates
und damit dessen Sicherheit. Ähnlich haben sich auch Vertreter der
Arbeitspartei geäußert, etwa Innenminister Ophir Pines.
Der Terroranschlag vom 4 August in Schfar'am kam keineswegs unerwartet.
Der israelische Soldat, der das Feuer auf einen Bus eröffnete und vier
Menschen erschoss, war ein Anhänger der verbotenen rassistischen
Kach-Partei. Elias Jabur, ehemaliges Mitglied im Gemeinderat von
Schfar'am -- einer Stadt in Galiläa, in der Araber verschiedener
Konfessionen (Muslime, Christen und Drusen) zusammenleben --, wehrt sich
entschieden dagegen, den Täter einfach als einen "Verrückten"
einzustufen. "Hoffentlich wird die ganze Sache nicht fallen gelassen,
unter dem Vorwand, dass der Mörder geistesgestört gewesen sei. Das wäre
in unseren Augen der Versuch, ein abscheuliches Verbrechen
herunterzuspielen und alles zu vertuschen. [OE] Ich glaube, dass die
Morde in Schfar'am ein Ausdruck des ganz alltäglichen Rassismus sind. Der
Täter ist ein Armeeangehöriger, und man weiß, dass die Truppen in den
besetzten Gebieten üble Unterdrückungsmaßnahmen durchführen. Erst wenn
damit Schluss ist, wird es solche Verbrechen nicht mehr geben." Wie der
Journalist Rafik Halabi schreibt, hat der vierfache Mord "nicht allein
die Ruhe in der Stadt zerstört, sondern auch tausende von Demonstranten
auf die Straße gerufen und die Beziehungen zwischen Gaza und Galiläa
wieder enger geknüpft".